Starnberg:Michaela Mays Gespür für Kunst

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Schätzt authentische Filme: die Schauspielerin Michaela May. (Foto: Arlet Ulfers)

Die berühmte Schauspielerin, die in Riederau aufgewachsen ist und den Ammersee mehr denn je vermisst, vergibt am Samstag mit ihren Jurykollegen den wichtigsten Preis des Festivals

Von Astrid Becker, Starnberg

Sie ist eines dieser Gesichter, das vermutlich jeder in diesem Land kennt: die Schauspielerin Michaela May. Und trotz aller Berühmtheit wirkt diese Frau alles andere als überheblich, arrogant oder menschenscheu. Sondern sympathisch, freundlich, warmherzig. Vielleicht ist der Pressesprecher des Fünfseen-Festivals, Konstantin Fritz, dafür verantwortlich, dass sie beim diesjährigen Filmfest in der Jury für den wichtigsten Preis sitzt, der an diesem Samstag vergeben wird: den Filmpreis. Denn Fritz kennt Michaela May schon seit langem. Vielleicht aber, und das ist sogar noch wahrscheinlicher, liegt es an Michaela Mays besonderem Gespür für filmische Kunst.

Wenn man die Schauspielerin, die heuer 65 Jahre alt wurde, fragt, wann ein Film für sie richtig gut ist, bekommt man eine klare Antwort: "Wenn er mich in die Handlung zieht, wenn er meine Emotionen weckt, wenn ich ihn spüren kann." Und wenn ein Film authentisch sei. "Schön ist übrigens, dass meine Generation nun auch Falten haben darf und wir nicht wie Dreißigjährige ausschauen müssen."Michaela May sagt das nicht einfach so, weil es ganz gut klingt. Wer ihr begegnet, spürt vielmehr schnell, dass die Schauspielerei einzig ihrem Beruf vorbehalten ist - den sie noch immer, nach so vielen Jahren, als großes Geschenk empfindet. "Wo kann man sonst in so viele verschiedene Rollen schlüpfen?"

Schon als Kind hatte Michaela May Ballettunterricht genossen und war 1965, noch unter ihrem richtigen Namen Gertraud Mittermayr, zum ersten Mal auf der Leinwand zu sehen - in "Onkel Toms Hütte" von Géza von Radványi. Im gleichen Jahr spielte sie in "Heidi" und nahm dafür den Künstlernamen Michaela May an. Sie erlernte ihr Handwerk von der Pike auf in einer Schauspielschule und arbeitete zunächst, von 1970 an, als Schauspielerin am Theater, erst in der Komödie am Kurfürstendamm in Berlin, dann auch in München im Bayerischen Hof - bis sie Helmut Dietl zunächst als Susi für die "Münchner Geschichten" verpflichtete und später dann auch noch als alte Liebschaft Lilly für den "Monaco Franze". Seither ist sie regelmäßig in Serien, Filmen und Shows zu sehen - und sitzt auch immer wieder in diversen Jurys für Filmpreise.

Zum ersten Mal ist sie nun auch beim Fünfseen-Filmfestival auserkoren worden, was sie als große Ehre empfinde, wie sie sagt. Denn das Festival selbst kenne sie von Anfang an, sie habe auch immer wieder verfolgt, was dort zu sehen ist. "Das Festival hatte ja auch mal in Dießen eine Spielstätte - und ich bin eine alte Ammerseeerin." Michaela Mays Eltern hatten einst ein Haus in Riederau, dort ist sie quasi aufgewachsen. Noch heute ist sie häufig in Dießen, so oft es ihre Drehtermine zulassen: "Meine Mutter lebt dort im Augustinum, ich besuche sie so oft ich kann." Bisweilen kauft sie am Ammersee auch Fisch ein. Sie selbst lebt aber zusammen mit ihrem zweiten Mann, dem Regisseur Bernd Schadewald, in einer Wohnung in München. Dort sei es schon sehr schön, aber: "Je älter ich werde, desto mehr zieht es mich aufs Land." Sie habe zwar seit einiger Zeit einen Bauernhof in Tirol gemietet, aber "den Ammersee vermisse ich mehr und mehr."

In diesen Tagen, bis zur Preisverleihung am Samstag, wird sie wohl noch Zeit im Fünfseenland verbringen. Denn nun muss sie gleich sieben Filme anschauen und bewerten: "Anishoara", der ein Jahr im Leben einer moldawischen Fünfzehnjährigen auf dem Weg ins Erwachsenwerden beschreibt. "Der Bürger", eine Produktion aus dem Gastland Ungarn, in der es um Flüchtlinge in Budapest geht, den Film "Die Beste aller Welten" über ein Kind drogenabhängiger Eltern, dann "Die Einsiedler", der in Südtirol spielt, "Finsteres Glück" aus der Schweiz, über ein Kind, das bei einem Unfall Eltern und Geschwister verliert, die Familiengeschichte "It's Not The Time Of My Life" und den Film noir "Die Nile Hilton Affäre."

© SZ vom 05.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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