Reisen:Istanbul ist tabu

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Wohin soll die Reise gehen? Urlauber zieht es heuer vor allem nach Italien, Spanien, Griechenland und Portugal. In die Türkei wollen nur noch wenige. (Foto: Nila Thiel)

Terroranschläge beeinträchtigen die Urlaubsplanung. Reisebüros im Fünfseenland stellen fest, dass die Türkei und Nordafrika gemieden werden. Das Auswärtige Amt warnt vor Flügen in 25 Länder

Von Sabine Bader, Starnberg

Die Sicherheitslage in vielen Regionen der Welt hat sich drastisch verschlechtert. Das Auswärtige Amt warnt daher vor Reisen in insgesamt 25 Länder, darunter Afghanistan, Nigeria, Ägypten, Algerien, Jemen, Irak, Syrien, Eritrea und Libyen. Vor Reisen in die Türkei wird trotz der Terrorattacken in der jüngsten Zeit zwar nicht ausdrücklich gewarnt, auf Reisen in dieses bisher so beliebte Land verzichten dennoch viele Urlauber im Fünfseenland.

Die Kunden sind vorsichtig. Das hat zum Beispiel Gerlinde Brinkmann vom Derpart Atlantik-Luft Reisebüro in Starnberg festgestellt. Seit 24 Jahren ist sie in diesem Metier tätig. "Die Reiseziele haben sich verlagert", sagt sie. Alle nordafrikanischen Länder seien wegen der Terroranschläge recht out. Tunesien und Ägypten würden gemieden, und auch bei Marokkosei der Zuspruch eher verhalten. In diesen Ländern gelte: Man müsse wachsam sein und die Hinweise des Auswärtigen Amts beachten. Die lauten unter anderem: "Vorrangige Anschlagsziele sind Orte mit Symbolcharakter" wie etwa Regierungsgebäude, religiöse Versammlungsstätten und größere Menschenansammlungen. Ob und wohin man reist, "ist eine individuelle Entscheidung", sagt Brinkmann.

Und auch die Türkei ist als Urlaubsland wegen der Anschläge derzeit weniger gefragt. Brinkmann tut es leid, denn das Land war früher als "Reiseziel sehr beliebt". Einbußen hat das Reisebüro dennoch keine. Gefragt sind stattdessen mehr als bisher Ziele in Spanien, Italien und Griechenland. Wer eine Fernreise unternehmen möchte, wählt gern die USA, die Karibik oder Südafrika.

Hermine Baader vom gleichnamigen Reisebüro in Niederpöcking kann trotz der Terroranschläge etliche Buchungen für Urlaube in der Türkei verzeichnen. Der Grund: Das Land sei preislich momentan sehr attraktiv, auch für Familien. Die Kunden schauen eben auch im Fünfseenland aufs Geld. Nur "Istanbul-Reisen kann man total vergessen", stellt Baader fest. Generell werde in diesem Jahr "einfach schlechter gebucht als sonst." Nur Kreuzfahrten gehen gut, auch "weil Kinder kostenlos reisen". Mit den nordischen Ländern macht sie nach wie vor keine guten Erfahrungen. Baader glaubt, das liegt daran, dass das Wetter in Deutschland in den vergangenen Wochen eher schlecht war. "Da wollen die Leute einfach Sonne tanken."

Der Starnberger Reisespezialist Aytours für Ayurveda-Kuren und Ayurveda-Reisen in Sri Lanka und Indien sowie am Mittelmeer, in Spanien und Deutschland, verzeichnet ebenfalls ein rückläufiges Geschäft, auch wenn die Terrorgefahr den Reisespezialisten weniger tangiert als die übrige Branche. "Das trifft andere mehr", glaubt Uwe Endres. Er ist Chef von Aytours und meint wenig enthusiastisch: "Es könnte generell einfach besser sein." Seit 20 Jahren bietet er Ayurveda-Touren an und hat ebenfalls ein verändertes Buchungsverhalten bei den Kunden ausgemacht. Gefragt sei Ayurveda zwar mehr den je, nur buchten Urlauber ihre Reisen nicht mehr so häufig im Reisebüro, sondern stellten sie sich selbst daheim am Bildschirm zusammen. "Um hier und da - etwa beim Flug - ein paar Euro zu sparen, verzichten sie lieber auf fachkundige Beratung", stellt Endres fest. Wenn es allerdings um medizinische Ayurveda-Reisen gehe, sei sein Fachwissen nach wie vor gefragt. Diese Angebote seien im Kommen, denn alternativen Heilmethoden seien gefragt.

Bei Trauminsel Reisen in Herrsching ist man mit dem Geschäft in diesem Jahr entgegen dem Trend zufrieden. Der Veranstalter hat sich auf Reisen an den Indischen Ozean, nach Südost-Asien sowie nach Botsuana und Namibia spezialisiert. "Islamische Länder werden bei uns tendenziell gemieden", sagt Dominik Därr, der Sohn des Hauses. Einzige Ausnahme seien die Malediven. In der Region wachse der Umsatz im Unternehmen seiner Eltern Maisie und Wolfgang Därr. Auch das sei gegen den Trend. Denn bei Kollegen sei dies nicht der Fall, weiß Dominik Därr. Das Interesse an Zielen in Mauritius wachse ebenfalls. Allerdings wollten die Urlauber weniger dafür ausgeben, als noch vor Jahren. "Das ist ein Trend, den alle Veranstalter feststellen", sagt Därr. Kunden, bei denen Geld weniger eine Rolle spielt, fahren hingegen häufiger auf die Malediven. Einbrüche wegen Terrorgefahr verzeichnet Trauminsel Reisen hingegen nicht. "Das war beim Ebola-Virus wesentlich schlimmer."

Gewaltige Einbrüche bei den Türkeireisen und den nordafrikanischen Ländern Tunesien und Ägypten verzeichnet Kornelia Bender in ihrem Reisebüro in Gilching. "Nur noch wenige, ganz unerschrockene Kunden reisen in diese Länder", sagt sie. Und Bender kann Trends deuten. Seit 30 Jahren betreibt sie ihr Büro nun schon. Klagen will sie trotz des Rückgangs in einigen Bereichen aber nicht. "Die Leute orientieren sich einfach anders", sagt sie. Nach ihrem Eindruck fahren jetzt viele Urlauber mit ihren Familien lieber nach Griechenland, Spanien, Portugal und Italien. "Diese Länder sind die großen Gewinner". Auch USA und Asien werden ebenfalls viel nachgefragt, weiß Bender. Was sie generell freut ist: "Die Leute kommen wieder vermehrt ins Reisebüro."

© SZ vom 08.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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