Starnberg:Ins Zeug gelegt

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Begeisterte in der Schlossberghalle: Die jungen Musiker vom Landschulheim Kempfenhausen. (Foto: Ulfers)

Schüler vom Landschulheim Kempfenhausen spielen groß auf

Von Berthold Schindler, Starnberg

Ausverkauft an drei Abenden: Wovon so mancher Künstler nur zu träumen wagt, ist für die weit mehr als 200 Nachwuchsmusiker vom Landschulheim Kempfenhausen Realität: eine volle Schlossberghalle. Routiniert sind die jungen Leute vor ihrem großen Auftritt. Die Chormädchen plauschen zehn Minuten vor dem Konzertbeginn entspannt über alles Mögliche außer Singen: Eine Sängerin hat in der Hektik zwischen Schule, Proben und Aufführung noch schnell einen Döner verschlungen, sodass sich in die parfümgeschwängerte Duftwolke der jungen Sängerinnen eine durchaus wahrnehmbare Zwiebelnote schleicht. Was für wenig Wohlwollen bei den Kolleginnen sorgt, doch beim Gedanken an die "bemitleidenswerte", qua Amt vor den Sängern stehende, Bettina Kühner-Wehn ist das kleine Gekabbel schnell weggelacht.

Kühner-Wehn, das ist die Musiklehrerin, die den Unterstufenchor, den Schulchor und das Kammerorchester leitet. Sie war früher Violoncello-Vorspielerin am Staatstheater Cottbus, und dass sie auch vor dem Pult eine gute Figur macht, beweist vor allem das Kammerorchester mit zwei Sätzen aus Händels Feuerwerk und dem Stück "Malena", in welchem Florian Schad, auch ein Cellist, als Solist seiner hohen A-Saite einige fragile, wehmütige Töne entlockt.

Eine andere, hörenswerte Solistin ist die Pianistin Mara Heckmann, die erst Marlene Schöbel beim Rihanna-Hit "Unfaithful" begleitet - einige Schüler von der Big Band summen da schon mal mit -, um anschließend eine fingerspieltechnisch saubere Version von Giovanni Allevis "Prendimi" hinzulegen. Der Saal, kein Wunder, goutiert jeden Beitrag mit großem Hallo und lautem Klatschen; viele Eltern, aber auch ehemalige Schüler und Lehrer befinden sich im Publikum und spenden den beachtlichen Leistungen Beifall. Die Bläserklasse 5, gerade mal drei Monate auf Trompete, Klarinette und Posaune musizierend, kann bereits saubere Unisoni von bekannten Weihnachtsliedern spielen, während die Bläserklasse 6, mit einem Jahr mehr Erfahrung ausgestattet, komplexere Sätze souverän vorträgt. Dirigiert werden die Bläsergruppen vom zweiten musikalischen Leiter, Steffen Lüdecke, der die Zuhörer wissen lässt, dass sich die Nachwuchsbläser auch deswegen so ins Zeug legen, um später mal Mitglied im wohl aufregendsten Ensemble des Landschulheims zu werden: der Big Band.

Diese tritt ausnahmsweise nach der Pause auf, sonst hat sie die Weihnachtskonzerte immer eröffnet. Hits von Abba und Michael Jackson finden ebenso stürmische Resonanz bei den Zuhörern wie ein alpenländisches Weihnachtsstück oder Schostakowitschs "The Second Waltz". Zwischen den Musikbeiträgen ergriff auch der Schulleiter Martin Liebl das Wort und fand bemerkenswerte Worte zur Flüchtlingssituation. Er fühle sich gerade an seine eigene Kindheit erinnert, denn sein Vater, ein Bürgermeister, war damals mit der Aufgabe betraut, die Kriegsflüchtlinge nach 1945 unterzubringen. In der Not müsse man eben einander helfen, so sein eindringlicher Appell.

© SZ vom 07.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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