Auf dem Weg zur Bildungsregion:Informieren, beraten, vernetzen

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Das Unterrichtsangebot im Fünfseenland ist groß. Bis auf eine Berufsoberschule sind alle Schularten vorhanden. Nun bewirbt sich der Landkreis mit einem Konzept um das Siegel "Bildungsregion"

Von Christiane Bracht, Starnberg

Starnberg will Bildungsregion werden. Mit fünf Gymnasien - bald sechs -, drei Realschulen, fünf Mittelschulen, noch dazu einer Berufsschule ist das Unterrichtsangebot für Jugendliche im Landkreis zwar relativ hoch. Doch es gibt auch Defizite. So ist das Fünfseenland weit und breit der einzige Landkreis, der keine Berufsoberschule (BOS) hat. Die Fachoberschule (FOS) startet nun nach langem, zähem Ringen im Herbst vorerst mit zwei Klassen Wirtschaft/Verwaltung und zwei Klassen Soziales. Um Bildungsregion werden zu können, müssen Schule, Jugendhilfe, Vereine und Wirtschaft gut kooperieren, denn nur so kann man Jugendlichen den Weg in die Zukunft ebnen. Die bestehenden Angebote sollen zudem transparenter werden.

14 andere Regionen in Oberbayern haben das Gütesiegel bereits, das sind fast zwei Drittel. Im restlichen Bayern sieht es ähnlich aus. Landrat Karl Roth überreichte jetzt dem Ministerialdirigenten Stefan Graf die Bewerbung des Landkreises. Sie besteht aus einem knapp 140 Seiten umfassenden Konzept, das fünf Gruppen im vergangenen Jahr erarbeitet haben.

Vor allem der Ruf nach Jugendsozialarbeitern nicht nur an Mittelschulen, sondern auch an allen Grundschulen ist in diesem Konzept laut geworden. Sie gelten als Brücke zwischen Schule und anderen Angeboten, zum Beispiel denen vom Jugendamt, aber auch denen von den mehr als 600 Vereinen und Institutionen des Landkreises. Ihre wichtigste Aufgabe ist aber, verhaltensauffällige Kinder früh zu erkennen. So können sie diese an die richtigen Stellen geleiten und helfen, viele Schwierigkeiten zu vermeiden, mit denen die Kinder später konfrontiert würden. Einige Grundschulen im Landkreis haben bereits einen Antrag auf einen Sozialarbeiter gestellt.

Gerade im ehrgeizigen Landkreis Starnberg, wo 60 Prozent der Kinder aufs Gymnasium wechseln, gibt es immer wieder Jugendliche, die sich durch die Schule quälen müssen und am Ende gar keinen Abschluss schaffen, weil sie schlicht überfordert sind. Um ihnen eine passendere Ausbildung zu ermöglichen, will man die Eltern umfassender beraten und ihnen Alternativen zum Gymnasium aufzeigen. Außerdem soll ein sogenannter Bildungsatlas entworfen werden, in dem alle Institutionen stehen, die mit Bildung und Ausbildung befasst sind. Dieser soll auf den Internetseiten des Landratsamts veröffentlicht werden. Zudem soll es regelmäßige Bildungskonferenzen geben, an denen alle Einrichtungen teilnehmen, damit die Berater immer im Bilde sind.

Auch den Einstieg ins Berufsleben will man den Kindern erleichtern, indem man ihnen einen Begleiter zur Seite stellt. In einer sogenannten Kompetenzagentur sollen zudem die Berufsinformationsangebote vernetzt werden. Angesichts der vielen vakanten Stellen vor allem im Bereich Pflege will man künftig nichtakademische Berufe stärker fördern. Fachkräfte, die besonders engagiert sind, sollen an die Schulen gehen und den Achtklässlern ihren Beruf nahebringen. Um eine emotionale Bindung zu schaffen, sollen die Fachkräfte auch danach noch persönliche Kontakte zu den Schülern pflegen, so die Idee des Bildungskonzepts.

Eine der schwierigsten Aufgaben der kommenden Jahre ist jedoch die Integration der Flüchtlings- und Migrantenkinder in das Schulsystem. Momentan gibt es 60 Flüchtlinge im Alter von 16 bis 18 Jahren, und es werden immer mehr. Das Hauptproblem ist, dass sie kein Deutsch können, wenn sie ins Fünfseenland kommen. Und ohne Sprache haben sie keine Chance, andere Lerninhalte zu begreifen. Deshalb sind Sprachkurse für sie das Wichtigste. An Mittel- und Berufsschulen gibt es bereits Übergangsklassen. Im Bildungskonzept fordern die Pädagogen aber auch derartige Klassen an den Grundschulen sowie zusätzliche Sprach- und Förderkurse, aber auch eine Hausaufgabenbetreuung, damit die Kinder irgendwann im Unterricht mitkommen. Empfohlen wird übrigens auch, dass man Familienpatenschaften für diese Kinder einrichtet. Denn die Schulen haben zu wenig Lehrer für diese Aufgaben.

Unabhängig davon, ob Starnberg nun das Gütesiegel bekommt, will der Landkreis all diese Ziele, die im vergangenen Jahr in dem Konzept erarbeitet wurden, realisieren. Dazu soll nun ein Bildungsrat einberufen werden. 53 Interessenten haben sich bereits gemeldet, die in dem Gremium mitarbeiten wollen, verkündete Roth. Die Führung soll der Leiter des Landschulheims Kempfenhausen Martin Liebl übernehmen. Aufgabe des Rates ist es, die Bildungsangebote im Landkreis zu steuern und zu vernetzen. Außerdem soll das Gremium die im Konzept gesteckten Ziele im Auge behalten und so das fortführen, was im vergangenen Jahr auf den Weg gebracht wurde. Der Rat initiiert zudem regelmäßig eine Bildungskonferenz. Die erste findet im Herbst 2016 statt.

Die neue Internetseite, auf der alle Familien- und Bildungsangebote im Landkreis aufgeführt werden, soll laut Landrat Roth im Sommer freigeschaltet werden. Dort wird es neben Schulprofilen auch eine Landkreiskarte geben, in der alle Kinderbetreuungseinrichtungen eingezeichnet sind.

© SZ vom 27.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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