Starnberg:Gefahr am Straßenrand

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Vorsicht, Wildwechsel! Autofahrer sollten diese Warnung gerade in dieser Jahreszeit und in der Dämmerung ernst nehmen. (Foto: Günther Reger)

Jetzt ist wieder Hochsaison für Wildunfälle. Vor allem in der Dämmerung sind Rehe und Wildschweine unterwegs. Die Polizei rät zu verstärkter Vorsicht, warnt aber vor hektischen Ausweichmanövern

Von Armin Greune, Starnberg

Drei Kollisionen mit Rehen und Sauen sind der Polizei in der vergangenen Woche allein in Würmtal gemeldet worden: Wildunfälle haben jetzt Hochsaison, weil die Tiere im Herbst bei der Futtersuche ihre Einstände wechseln. Außerdem erhöhen schlechte Sicht und Laub auf den Straßen generell das Unfallrisiko. Der Deutsche Tierschutzbund befürchtet, dass mit der Zeitumstellung jetzt noch mehr Tiere unter die Räder geraten: Denn von diesem Montag an sind die meisten Pendler erst in der Dämmerung auf dem Heimweg - genau zu der Zeit, wenn auch die meisten Wildtiere unterwegs sind.

Keine Statistik erfasst, wie viele Igel, Nagetiere, Marder und Vögel jährlich im Straßenverkehr auf der Strecke bleiben - Aufzeichnungen gibt es nur über jagdbares Wild. Demnach sind im vergangenen Jagdjahr von April 2014 bis März 2015 insgesamt 2354 getötete Rehe im Landkreis Starnberg verzeichnet worden. 1934 davon wurden regulär bei der Jagd erlegt, 319 starben als "Fallwild" im Verkehr - jedes siebte Reh fand also auf den Straßen den Tod. Die Zahlen sind im Vergleich zum Vorjahr fast konstant geblieben, als 326 von 2391 getöteten Rehen dem Verkehr zum Opfer fielen. Beim Schwarzwild legt die Statistik hingegen einen deutlichen Rückgang der Wildunfälle nahe: 2013/14 wurden 478 Wildschweine getötet, davon verendeten 35 nach Kollisionen mit Fahrzeugen. Im vergangenen Jagdjahr kamen im Landkreis 562 Wildschweine ums Leben, aber nur 16 davon als Fallwild.

Ludwig Fesenmeier, einer der Jagdberater des Landratsamtes, glaubt, "dass die Autofahrer allmählich doch etwas vernünftiger fahren". Tatsächlich verendeten in den Jahren 2003 bis 2011 im Landkreis zwischen 365 und 410 Rehe bei Unfällen, 2012 stellte mit 561 einen traurigen Rekord auf.

Fesenmeier hat in der Kreisgruppe Starnberg des Bayerischen Jagdverbands eine wenig beneidenswerte Aufgabe: Gemeinsam mit seinem vierjährigen Gebirgsschweißhund "Seppi" bildet er eines der drei sogenannten Nachsuchengespanne. Sie müssen angeschossene oder angefahrene Wildtiere aufspüren, um sie eventuell mit einem Fangschuss von ihrem Leid zu erlösen. "In diesem Jahr haben sich diese Einsätze bislang noch in Grenzen gehalten", sagt Fesenmeier. Etwa einmal im Monat muss der Weßlinger abends oder früh morgens zu einem derartigen Einsatz ausrücken - zuletzt zu Beginn der vergangenen Woche, als ihn die Polizei verständigte, weil auf der Grünsinker Straße beim Golfplatz Wörthsee ein Reh angefahren worden war. Fesenmeier fand das tote Kitz rasch am Straßenrand - aber nicht immer ist die Suche so schnell beendet: In diesem Sommer musste "Seppi" die Fährte einer verletzten Wildsau einen Kilometer weit verfolgen, bevor das Gespann sie schließlich tot am Wildschutzzaun der Lindauer Autobahn aufspürte.

Als räumliche Schwerpunkte von Wildunfällen nennt Fesenmeier die Grünsinker Straße, wo auch Schwarzwild regelmäßig die Fahrbahn quert - aber auch die Staatsstraße 2068 zwischen Weßling und Herrsching. Im Würmtal werden die Strecken Gauting-Neuried, Germering-Planegg und die Kraillinger Sanatoriumsstraße besonders oft von Wildtieren frequentiert. Mit Rehen ist auch bei Rothenfeld, in der Senke zwischen Unering und Oberalting sowie an der Bundesstraße 2 südlich von Traubing zu rechnen. Generell sollten Autofahrer auf allen Waldstrecken die Straßenränder im Auge behalten: Tauchen dort Tiere auf, muss abgeblendet und verlangsamt werden - ohne einen Auffahrunfall des folgenden Verkehrs zu riskieren. Die Polizei warnt zudem vor hektischen Ausweichmanövern: Die Kollision mit einem Baum hat meist viel schlimmere Folgen, als die mit einem Reh. Von der Lichthupe wird dringend abgeraten, sie beeinträchtigt die Orientierung der Tiere - akustische Signale wie lautes Hupen sind hingegen sinnvoll. Kommt es trotz aller Vorsicht doch zu einem Zusammenstoß mit einem größeren Wildtier, muss die Unfallstelle abgesichert und die Polizei verständigt werden, die wiederum den Jagdpächter benachrichtigt.

© SZ vom 26.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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