Starnberg:"Es geht eher um diesen Aha-Effekt"

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Verkehrspsychologe Jürgen Brenner-Hartmann erklärt den Sinn des Blitzmarathons

Interview von Ingrid Fuchs, Starnberg

Achtung Blitzer: Mit Radarkontrollen will die Polizei an diesem Donnerstag deutschlandweit Raser ausbremsen, in Bayern wird sogar eine Woche lang vermehrt kontrolliert. Das bayerische Innenministerium will mit der Aktion das Problembewusstsein der Autofahrer schärfen, denn überhöhte Geschwindigkeit gilt als häufigste Unfallursache. Fast 200 Menschen kamen deshalb im vergangenen Jahr in Bayern ums Leben. Für den "Blitzmarathon" sind etwa 2000 Polizisten im Einsatz, 2200 Messstellen werden aufgebaut. Der Psychologe Jürgen Brenner-Hartmann vom Tüv Süd erklärt, was das Ziel der großflächigen Kontrolle ist.

SZ: Von 6 Uhr morgens bis Mitternacht wird geblitzt, allein in München an etwa 70 Stellen. Wo genau, hat das Innenministerium vorab bekanntgegeben. Was soll das denn bringen?

Jürgen Brenner-Hartmann: Der Blitzmarathon soll die Wahrnehmung der eigenen Geschwindigkeit in den Fokus rücken. Die Autofahrer sollen zum einen darüber nachdenken, wie schnell sie eigentlich unterwegs sind. Und zum anderen sehen sie, dass es nichts bringt, wenn sie zehn Stundenkilometer zu schnell fahren. Bei angepasster Geschwindigkeit kommt man meist in der gleichen Zeit ans Ziel.

Angepasste Geschwindigkeit bedeutet an manchen Stellen im Stadtverkehr aber auch, dass man konstant ein bisschen zu schnell fährt, etwa am Mittleren Ring.

Es gibt aber auch eine Art Herden-Effekt, vielleicht wissen genug Menschen über die Aktion Bescheid und der Verkehr bewegt sich generell langsamer. In Städten wird sowieso mit unterschiedlichen Methoden gearbeitet, um das Tempo zu regulieren. In Wohngebieten gibt es beispielsweise Bremsinseln die spürt man schon, wenn man zu schnell drüberfährt. Man setzt dabei selten auf Zwangsmaßnahmen, eher auf bauliche Maßnahmen und Vernunft.

Das sind die dauerhaften Mittel. Wie lange hält die Wirkung eines Blitzmarathons an - oder geht es ums Geld?

Die Aktion ist mit erheblichem Aufwand verbunden. Tausende Polizisten sind im Einsatz, das Ganze wird wohl mehr Geld kosten als einbringen. Es geht eher um diesen Aha-Effekt, dass Rasen nichts bringt und gefährlich ist. Man spart sich kaum Zeit und kann bei hohem Tempo in Gefahrensituationen kaum mehr reagieren.

Aber dringt man damit auch zu notorischen Rasern durch?

Bei Geschwindigkeits- und Rotlichtdelikten gibt es grundsätzlich mehr Kontrollen als bei anderen Verstößen. Deshalb ist das Bewusstsein sowieso etwas höher. Bei notorischen Schnellfahrern hat man wenig Chancen. Dafür gibt es Plakataktionen, beispielsweise "Einer rast, vier sterben", um die Gefahren zu verdeutlichen und an die Verantwortung des Einzelnen zu appellieren. Aber beim harten Kern der Raser kommt man auch damit nicht durch.

Was hilft dann noch?

Am ehesten überraschende Kontrollen, dann tut's auch denen weh.

Unter www.sichermobil.bayern.de sind alle Messstellen in Bayern aufgeführt, die Stellen im Fünfseenland auf Seite R10

© SZ vom 16.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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