Starnberg:Einwandfrei gemacht

Lesezeit: 2 min

Rolf Miller ist Minimalist. (Foto: Georgine Treybal)

Kabarettist Rolf Miller in der Schlossberghalle

Von Gerhard Summer, Starnberg

Gegen den Pep kann man nix sagen, der passt eigentlich gar nicht zu Bayern, der ist einwandfrei. Der konnte am ersten Tag schon besser Deutsch wie der Achim, auch sprachlich. Die Angelique Kerber ist noch so ein Phänomen, sie ist die erste deutsche Tennisspielerin seit Steffi Graf und hat gegen Mike Tyson gewonnen. Aber am allerbesten waren die Achtzigerjahre mit den Black Zabbazzs und so, denn die "Achtzigerjahre, das waren wir".

Stimmt schon, womöglich sind Black Sabbath und Serena Williams gemeint, die Williams sieht dem Tyson ja ähnlich, also vom Prinzip her. Aber sicher ist das nicht, weil man mit allem rechnen muss, wenn der Kabarettist Rolf Miller in seinem Programm "Alles andere ist primär" in die Rolle eines über Stammtischthemen schwadronierenden, nostalgischen Proleten schlüpft, vom Hundertsten ins Tausendste kommt und dem Schwachsinn Tiefgang gibt. Er spricht über seine Kumpels, die Brüder Achim und Jürgen, und ihre Schwester, den "Apparat", die Beine bis zum Hals hat. Er redet über Beziehungen ("Warum ist die Scheidung so teuer? Weil sie's wert ist"), über den Sportreporter Béla Réthy ("Der hat noch nie das gleiche Spiel wie ich gesehen"), "Das Boot", Beckenbauer und Wladimir Putin, der unter der Bettdecke sicher die Bee Gees hört und schwul ist. Darf Miller das? Klar, in der Rolle des Toren ist alles erlaubt, da kann er auch sagen, dass Uli Hoeneß in seiner Zeit in Landsberg hoffentlich kein Buch geschrieben hat, weil in Landsberg doch auch Hitler einsaß und dort mit "Mein Kampf" anfing. Das wäre ja was - "Mein FC Bayern". Außerdem hört sich Putin bei ihm wie "Pudding" an.

Miller ist Minimalist. Fast zwei Stunden dauert sein Monolog. Nichts lenkt davon ab, denn Miller braucht in der Starnberger Schlossberghalle nur Stuhl, Mikro und eine Wasserflasche, aus der er ab und zu trinkt. Das ist über weite Strecken genau das, was man von Kabarett nicht erwartet. Anti-Kabarett also, denn auf die Bühne dürfen im Normalfall nur die hellen Köpfe, die Geschliffenes zu sagen haben, nicht die namenlosen brabbelnden Dumpfbacken. Und die größte Gemeinheit ist, dass man sich richtig anstrengen muss, um dem Dösbaddel zu folgen. Denn Millers Alter ego spricht einen Kunstdialekt zwischen Schwäbisch, Fränkisch und Odenwäldlerisch. Er nuschelt noch dazu, lässt halbfertige Sätze in der Luft hängen, arbeitet mit Verballhornungen und valentinesken Verdrehungen ("Für jede Lösung gibt es ein Problem"). Über den Menschen, der da spricht, als wäre er in Therapie, erfährt man wenig, außer dass er in der Schule dumm war wie Brot, von Frauen nicht so wahnsinnig viel hält und keine WM versäumt. "Einwandfrei" ist sein Lieblingswort, so wie "Jou wergli" das Lieblingswort des fränkischen Humoristen Herbert Hisel war. Millers Stammtischbruder geht aber wesentlich weiter als der brave Hisel. Er setzt da an, wo Olaf Schubert langsam aufhört. Das ist dann fast so wie bei den Schwakowiaks aus den besten absurden Zeiten von "Switch Reloaded", den arbeitslosen Arbeitslosen, nur intelligenter.

Wenn also Miller etwas sagen will, dann das: Kunst kann eine endlose Reihe von Torheiten sein, ihr Schlauberger! Ist das lustig? Ja, zum Schreien komisch, aber auch anstrengend. Begeisterter Applaus, am Ende eine witzige Zugabe: Miller spielt Harp zu Hardrock vom Band. Einwandfrei.

© SZ vom 30.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: