Starnberg:Ein großer Herzenswunsch

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Joshua ist mehrfach behindert und träumt davon, ein Auswärtsspiel des FC Bayern zu sehen.

Blanche Mamer

Starnberg- Als die Zwillinge Joshua und Niklas in der 26. Schwangerschaftswoche zur Welt kamen, wogen sie gemeinsam noch nicht einmal drei Pfund. Niklas starb nach zwei Tagen, als er beim Transport zur nächsten Frühchen-Intensivstation eine Hirnblutung erlitt. Joshua musste sechs Monate beatmet werden, doch er überlebte und ist heute 21 Jahre alt, mehrfach behindert, jedoch ein fröhlicher Mensch.

Als er fünf Jahre alt war, erfuhr seine Mutter Michaela K. von der Petö-Methode und der konduktiven Förderung, die der Verein Fortschritt in Niederpöcking gerade einführte. Sie zog also mit Joshua und seinem vier Jahre älteren Bruder von Baden-Württemberg nach Starnberg, um dem Kind durch die neue Therapiemethode bessere Chancen zu ermöglichen. Joshua konnte sich nämlich nicht selbstständig bewegen, musste zum Sitzen angegurtet werden, hatte Spastiken, war fast blind, konnte nicht sprechen.

Weil sein eigener Sohn schwerst behindert war, hatte sich Peter von Quadt mit der Therapieform des ungarischen Neurologen András Petö (1893-1967) befasst, die auf der Ganzheitlichkeit von Körper, Geist und Seele beruht. "Lasst doch die gelähmten Muskeln und beschäftigt euch mit der ganzen Persönlichkeit", riet Petö seinen Mitarbeitern, den Kondukteuren. Sie waren alles in einem: Ergo- und Physiotherapeut, Logopäde und Pädagoge, Lehrer und Pfleger. "Ein Ziel ist, jedes Kind soweit zu bringen, dass es sich selbstständig bewegen kann, ob mit Rollator, Sprossenstuhl oder Stöcken", sagt von Quadt. Und das braucht nicht nur eine sehr individuelle Therapie, sondern ständiges Üben. Doch es gelingt nicht immer, oft ist die Behinderung zu stark.

Bei Joshua hat es geklappt. Er kann laufen, manchmal etwas unsicher, stolpert auch mal und wenn er einen schlechten Tag hat, gleicht sein Gang dem eines Betrunkenen. Seine Bewegungen sind immer noch etwas unkoordiniert, "seine Feinmotorik ist nicht so toll", sagt seine Mutter. Er ist stark sehbehindert. Doch er hat sprechen gelernt, er versteht sehr viel, und - er kann sogar telefonieren. Darauf ist er besonders stolz. Nach der 9. Klasse in einer Montessori-Schule hat er den Abschluss für Lernbehinderte geschafft, derzeit arbeitet er als Gärtnereigehilfe in einer Werkstatt der Pfennigparade und lebt im angeschlossenen Wohnheim. Ein Betreuer übt mit ihm Selbstständigkeit, also einkaufen gehen, Kleinigkeiten kochen.

Doch daheim ist er in Starnberg. Vor allem seine Bindung an die Fortschritt-Tagesstätte ist groß. "Wenn ich ihn Freitagmittag hole, will er am liebsten sofort in die

Schulkindgruppe. Da ist er zwar rausgewachsen, aber er könnte teilnehmen", erzählt seine Mutter. Und er soll ja weiter üben. Allerdings kostet die Teilnahme an der dreistündigen Gruppe 86 Euro, also rund 340 Euro im Monat. Doch das ist unbezahlbar für Michaela K., die bei einem Steuerberater arbeitet. Es sind die zahlreichen Zuzahlungen für Joshua, Winterkleidung, Ausflüge an Feiertagen und während der Ferien, die die Mutter an ihre finanziellen Grenzen bringen. Die Gruppe würde ihm gut tun, sagt Tagesstättenleiterin und Erziehungsmediatorin Magdolna Hauszknecht. Joshua hat indes "noch einen großen Herzenswunsch", wie er selbst betont. Er möchte so gerne zu einem Auswärtsspiel des FC Bayern, mit Rollstuhl und Begleiter. Mit seinem großen Bruder war er einmal in der Allianz Arena. Und das war so toll, sagt er.

© SZ vom 14.12.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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