Starnberg:Der verkannte Prophet

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Jürgen Busse verlässt nach 26 Jahren den Starnberger Stadtrat - reichlich frustriert und dennoch mit versöhnlichen Worten

Von Peter Haacke, Starnberg

Der Prophet gilt bekanntlich nichts im eigenen Land, sagt ein altes Sprichwort, und in gewisser Weise gilt das ganz besonders auch für Jürgen Busse: Landesweit sind Rat und Wissen des Starnberger Juristen als versierter Verwaltungsfachmann gefragt und geschätzt. 26 Jahre lang war er Mitglied des Starnberger Stadtrats, doch nach den jüngsten Entwicklungen in der Kreisstadt reichte es ihm: Zutiefst frustriert erklärte Busse seinen Rücktritt. Am Montag billigte der Stadtrat einhellig seinen Abschied, bei dem etwas Wehmut aufkam.

Busses Stationen im staatlichen Verwaltungsdienst waren das Bayerische Staatsministerium des Innern, das Landratsamt Starnberg und die Regierung von Oberbayern. Er war Referent für Städtebau und Dorferneuerung, Pressesprecher, Geschäftsführer und Präsidialmitglied beim Bayerischen Gemeindetag, er ist Mitglied im Beirat der Akademie für Politische Bildung Tutzing. Für seine Verdienste wurde er mit dem Verdienstkreuz der Bundesrepublik und dem Bayerischen Verdienstorden ausgezeichnet. Nur in seiner Heimatstadt versagte man ihm allzu oft die Anerkennung: Insbesondere die politische Gegnerschaft attackierte den UWG-Stadtrat, der sich seit Jahrzehnten für die einzige machbare Starnberger Verkehrslösung einsetzte, immer wieder. Nach mehr als einem Vierteljahrhundert als ehrenamtlicher Mandatsträger im Stadtrat zog Busse Ende September den Schlussstrich: Die Herabstufung des B2-Tunnels, die immer rüder werdenden Umgangsformen im städtischen Politgremium und die eher ernüchternde Entwicklung der Starnberger Gesamtsituation ließen beim Pensionär, der weiterhin für eine Kanzlei arbeitet, den Entschluss reifen: Ich mag einfach nicht mehr.

Busse hatte sein Wirken in einer versöhnlichen Abschiedsrede aufgearbeitet, der Spickzettel voll mit Stichworten: Verkehrsentlastung, Seeanbindung, Innenstadt, Kultur, Bildung, Soziales. Und "Transparenz und Streitkultur". Busse, der zuweilen als dünnhäutig gilt, wurde deutlich: Das Miteinander von Rathausspitze und Stadtrat, der Umgang im Gremium, die Einbindung der Mandatsträger, mangelnde Transparenz, fehlende Informationen - das alles sei hinderlich. Sein frommer Wunsch: Dass der Stadtrat sein Lagerdenken aufgeben und einstimmige Beschlüsse fällen möge. Und dann: Eine kleine Aufmerksamkeit, Blümchen, Dankesworte von langjährigen politischen Weggefährten und ein Handschlag von der Bürgermeisterin - das war's. Als Busse ging, schien es ein bisschen feucht in seinen Augen zu blitzen. Mit Busse, da sind sich die meisten einig, verliert die Stadt einen exzellenten Fachmann, der Starnberg bei der Bewältigung seiner Probleme fehlen wird.

© SZ vom 26.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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