Starnberg:Der Mensch ist das Problem

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TV-Hundecoach Martin Rütter hat vor 160 Hundehaltern in Starnberg ein Seminar abgehalten. Organisiert wurde es von seiner hiesigen Statthalterin Steffi Krauss. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Hundetrainer Martin Rütter gibt im Starnberger Hotel Vier Jahreszeiten Tipps, wie man den Vierbeiner jederzeit im Griff hat. Von Ausreden wie "Der will doch nur spielen" hält der Profi nichts. Regeln setzen und diese einhalten führt indes zum Ziel

Von Patrizia Steipe, Starnberg

Das Zusammenleben von Mensch und Hund könnte so einfach sein. Der Hund springt Jogger an? Er bellt an der Haustür oder macht Randale mit anderen Hunden? "Dann ruf ihn doch einfach zurück". Diesen pragmatischen Tipp gibt Martin Rütter. Der "Hundeprofi" aus der gleichnamigen Fernsehsendung, Hundetrainer und -Verhaltensberater, Buchautor und Comedian. Rund 100 Hundeschulen in Deutschland, Österreich und in der Schweiz arbeiten nach seinem DOGS-Konzept. Eine davon ist in Fürstenfeldbruck, und um Betreiberin Steffi Krauß zu unterstützen, ist Rütter zum Fachseminar in das Hotel Vier Jahreszeiten nach Starnberg gekommen.

Die 160 Teilnehmer - der Großteil sind Frauen - sind teilweise von weither angereist, um ihren Guru zu hören. Thema des Seminars: "Wenn Hunde streiten - Konfliktsituationen erkennen, einschätzen und ernsthafte Konflikte vermeiden". Woche für Woche sind Tausende von Fernsehzuschauern dabei, wenn Rütter Privatpersonen dabei hilft, ihre Vierbeiner in den Griff zu bekommen. So unterhaltsam und lustig ist Rütter auch als Referent. Lässig in Jeans und im T-Shirt mit der Aufschrift seines aktuellen Programms "Freispruch" kommt Rütter an das Rednerpult. Gleich am Anfang räumt er mit den "drei größten Lügen aller Hundehalter" auf. Die beginnen mit einem "der will nur spielen", wenn beispielsweise ein Hund auf einen Menschen oder Artgenossen zurast, dann kommt ein "Der tut nichts", wenn der Hund einen anspringt und sollte dann noch ein Biss folgen, heißt es "Das hat er ja noch nie gemacht". Die Hundehalter im Publikum melden sich und schildern analoge Problemfälle. "Dann unterbrich das doch einfach, "ruf ihn doch einfach", empfiehlt Rütter im saloppen Tonfall. Aber natürlich weiß er, dass das mit dem "einfach" so eine Sache ist.

Das Problem liegt bei den meisten Familienhunden nicht beim Tier, sondern es ist der Mensch. Der muss es sich beim Seminar dann auch gefallen lassen, dass Rütter nach dem wiederholten Fallbeispiel einer Hundehalterin auf den Kopf zusagt: "Deine Hunde sind einfach unerzogen". Ansonsten ist Rütter aufmunternd. "Du bist auf dem richtigen Weg", "Da bin ich ganz bei dir", heißt es immer wieder. Der Großteil der Seminarteilnehmer kennt den Hundetrainer schon seit langem und versucht auch Einiges, um dem Haustier das gewünschte Verhalten beizubringen. Manchmal sind es Kleinigkeiten, die nach einem neutralen Blick von außen, geändert werden müssen, damit wieder Harmonie herrscht. "Weniger vermenschlichen", lautet ein Tipp von Rütter. Teilen und Schwächere mal vorlassen, ist unter Hunden nun mal nicht üblich. "Demokratie gibt es bei denen nicht", so Rütter. "Zeit miteinander verbringen" ist ein weiteres Rezept.

Wenn Herrchen oder Frauchen nur am Ratschen mit anderen Hundebesitzern oder am eigenen Smartphone interessiert sind, könnten sie gar nicht mitbekommen, dass auf der Hundewiese gar nicht "schön gespielt" wird, sondern sich die Vierbeiner fies mobben, mit Drohgebärden und Imponiergehabe einschüchtern und aggressives Verhalten verstärkt wird. Rütters Trainingsmethoden basieren auf Kommunikation und Beobachtung. Auch ins Fachseminar hat er Videos mitgebracht, die gemeinsam analysiert werden. Zwei Hunde rangeln miteinander. "Abbrechen oder laufen lassen?", fragt der Hundeprofi. Körper steif, Ohren nach vorne, fixieren, Nasenrücken abgesenkt und Schwanz erhoben - das könnte der Beginn eines ernsten Konflikts sein. "Abbrechen" ruft das Publikum. Rütter nickt zufrieden. Wüste Beißereien kämen nicht aus dem Nichts heraus, versichert er. Rütter ist deswegen kein Verfechter eines "Das regeln die Tiere untereinander", schon gar nicht, wenn es sich um einen Rottweiler und einen Chihuahua handele. "Der Mensch regelt, was in der Gruppe passiert, nicht der Hund", mahnt Rütter. Feste Regeln setzen, die eingehalten werden müssen, und natürlich soviel mit dem Hund trainieren, dass er zuverlässig abrufbar ist, sind für Rütter Grundvoraussetzungen für eine Beziehung zwischen Mensch und Hund. Dabei macht er klar: "Den Charakter eines Hundes kann man mit Training nicht verändern".

Manchmal geht es dann aber doch "einfach". Wer beispielsweise einen niedlichen, aber ängstlichen Hund hat, den jeder ungefragt streicheln möchte, kann aus seinem Schoßhündchen mittels Beißkorb, stacheligen Halsband und kahl geschorenen Fellpartien einen garantiert abstoßenden Straßenköter machen.

Und was macht man nun, wenn ein nicht abrufbarer Hund im Park angaloppiert kommt. "Wirf' ihm eine Fleischwurst zu", lautet Rütters Tipp. Das würde garantiert jeden Hund abbremsen und beim Ruf "Mein Hund hat Flöhe" würde selbst der uneinsichtigste Hundehalter seinen Bello schleunigst an die Leine nehmen.

© SZ vom 22.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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