Starnberg:Besser als das Original

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Wolfgang Krebs gibt in Starnberg seine "Watschnbaum-Gala"

Von Gerhard Summer, Starnberg

Dieses Bündnis aus Gelben, Schwarzen und richtigen Politikern, man kann es gar nicht klar genug sagen, dieses Barbados, nein Jamaika, ist übel in die Hosen gegangen. Aber zum Glück gibt es eine Lichtgestalt, die wieder für Stabilität sorgen könnte, auch in der CSU-CSU-CSU: Edmund Stoiber. Ja, der Mann, der neuerdings vier Doktortitel im Namen führt, steht dafür, dass "die Tragödie wieder eine andere werden muss", und das möglichst rasch. Schließlich war "fünf Minuten vor zwölf nie so spät wie momentan".

Wolfgang Krebs in der Rolle des Ex-Ministerpräsidenten aus "Hausratswolfen" war schon immer ein Glücksfall fürs Kabarett. Denn als Stoiber gelingt dem multiplen Imitator genau das, was auch Helmut Schleich als Franz Josef Strauß und André Hartmann als Gerhard Schröder hinbekommen: eine wunderbar irrwitzige Parodie, die an legendäre Reden des Politikers anknüpft ("Kompetenz-Kompetenz", "Die drei Brasilianer", "Die glodernde Lut"), mit ihren Volten Lachkrämpfen bei den Zuschauern auslösen kann und trotz allem erstaunlich sympathisch rüberkommt.

Wolfgang Krebs verkörpert Dr. Dr. Dr. Edmund Stoiber. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

In seiner "Watschenbaum-Gala" treibt es Krebs aber auf die Spitze. Gut, die Rahmenhandlung ist nur ein Vorwand, viele Figuren über die Bühne zu scheuchen, Krebs hält die Negativpreisverleihung auch nicht ganz durch. Genauso gut hätte er das schönste Hühnerauge prämieren können. Interessant ist immerhin: Das Publikum in der fast vollen Starnberger Schlossberghalle, das trotz Staus gekommen ist, vergibt die goldene Zitrone an die AfD und klatscht Donald Trump auf Platz zwei.

Und das Krebssche Personal in dieser Revue hat es durchaus in sich: der fiese und zynische Markus Söder, der Ilse Aigner die Durchsetzungskraft von Zuckerwatte attestiert und das frühe Ableben von Rentnern zwar im Einzelfall ablehnt, aber für gesellschaftlich alternativlos hält. Der in Fantasietracht und weiß-blauer Schärpe antretende Horst Seehofer mit Gießkannen-Lachen, der von seinen genialen Schachzügen schwadroniert und Innenminister wird in Berlin. Der grenzdebil grinsende Joachim Herrmann. Die über die bayerische Lust an der Beschimpfung referierende Angela Merkel. Oder der vielbeschäftigte Vereinsvorsitzende Schorsch Scheberl, der ein Ganzjahresbierzelt für die Jugend aufstellen lässt. Das alles ist genau beobachtet und stimmig in Mimik, Gestik und Tonfall: wie sich Herrmann im 20-Sekunden-Takt auf die Zehenspitzen stellt, wie akkurat Merkel mit den Händen imaginären Manuskriptblätter auf Stoß bringt.

Als Horst Seehofer tritt Wolfgang Krebs auf. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Aber abgesehen davon, dass Krebs mit etlichen Gags frühere Sprüche recycelt und seine alte, pomadige Meggy-Montana-Nummer einfach wiederholt: Seine wahre Glanznummer ist Stoiber. Dieser Sprachanarchist, der sich grandios in wilden Verdrehungen und Verwechslungen verheddert, mit den Armen rudert und mit den Zeigefinger in die Luft sticht, Fahrt aufnimmt, schneidig wird und dann über Gerechtigkeit, Relativitätstheorie, den starken Gegner Zukunft, Futur zwei und drei und einmal sehr ernst über die AfD und die in sozialen Netzwerken verbreiteten Hassbotschaften räsoniert. Ja, Nachahmung kann unnachahmlich sein.

© SZ vom 01.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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