Starnberg:An den Aufgaben gewachsen

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In Form: Chor und Orchester der Musica Starnberg. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Chöre und Orchester der Musica Starnberg überzeugen in St. Maria

Von Reinhard Palmer, Starnberg

Eine Botschaft kam bei allen Konzertbesuchern an: Es ist bei Musica Starnberg heuer viel und hart gearbeitet worden. Die Ergebnisse waren nun in einem gemischten Konzert in der Stadtpfarrkirche St. Maria zu hören, zunächst mit dem Jugendchor Pöcking unter der Leitung von Veronika Smolka. Zusammen mit Chor und Orchester der Musica Starnberg erweiterte er erstmals das Repertoire-Spektrum mit John Rutters "I believe in springtime" um profane Musik. Daran knüpfte auch der Kinderchor unter der Leitung von Anna Sailer und Hedwig Zeitler an, der mit zwei Titeln aus dem Film "Die Kinder des Monsieur Mathieu" sauber intonierten mehrstimmigen Gesang und klare Sprachdiktion bewies. Dieser Klangkörper der jüngsten Stimmen bei Musica Starnberg dürfte denn auch bald für komplexere Aufgaben zur Verfügung stehen.

Am deutlichsten wurde der Qualitätssprung in den zwei Motetten a cappella des Erwachsenenchores. Zwei Werke, die unter verschiedenen Aspekten für jeden Chor eine Herausforderung höchsten Ranges darstellen. Der altbewährte Leiter Ulli Schäfer konnte offenbar auf den Ehrgeiz der Choristen bauen. Schon alleine die komplexe Struktur der Bach-Motette BWV 225 "Singet dem Herrn ein neues Lied" - und der Titel war Programm - zu ordnen und das wirre Vorspiel transparent zu gestalten, war eine meisterhafte Leistung. Pointierung hieß das Zauberwort. Und diese Pointierung funktionierte nur deshalb, weil Präzision bis ins sprachliche Detail allem vorangestellt war: auf die Spitze getrieben in der Rahmung mit den Psalmentexten, dabei in freudig erregter Rhythmisierung im Schlussteil, der nach dem zentralen Choral ein packendes Finale brachte.

Brahms' Motette op. 74/1 "Warum ist das Licht gegeben dem Mühseligen" hielt weitere Aufgaben bereit. Allem voran die expressive Chromatik, die das Werk erstaunlich modern erscheinen lässt. Der Chor der Musica überzeugte nicht nur mit sauberer Intonation, sondern auch mit hervorragender Stimm- und Sprachgewandtheit, die alle inhaltlichen Nuancen hörbar machte. Und die haben es in dieser Motette in sich, geht es doch um das Herbeisehnen des Todes bis hin zu versöhnlichen Klängen im Vertrauen auf Gottes Barmherzigkeit. Schäfer führte die Erzählung stimmig durch alle Berg- und Talfahrten der Seelenreise, um mit Luthers Worten "Mit Fried und Freud ich fahr dahin" im Finale hingebungsvoll Choralwärme auszubreiten.

Dass sich auch im Orchester einiges getan hat, hatten die Instrumentalisten schon in Händels höfischem Concerto grosso op. 6/4 angekündigt. Und auch dabei ging es um reichhaltigen Ausdruck in feinsten Nuancen, zumal das Werk zu den empfindsamsten Händels gehört und unter dem Eindruck römischer Vorbilder mit ihrer Sinnenfreudigkeit entstand. Bestes Einschwören also auf das berührende und innige Stabat mater von Pergolesi, das letzte Werk des Komponisten, in dem sich das Orchester ohne Substanzverluste zurückzunehmen hatte, um die Solostimmen herauszustellen. Und Judith Spiesser (Sopran) und Eva Maria Summerer (Mezzosopran in der Alt-Partie) gestalteten mit einfühlsamer Lyrik und feinsinnig changierender Farbigkeit, die der Synthese aus opernhaftem Ansatz und Frömmigkeit Rechnung trugen. Schäfer fand bei der Gratwanderung zwischen Begleitpart und symphonischem Anspruch die nötige Balance, umberührende Empfindsamkeit, aber auch tänzerisch rhythmisierte Freudigkeit stimmig in den Spannungsbogen zu integrieren. Frenetischer Beifall.

© SZ vom 22.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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