Stadtrat:Farce findet ihre Fortsetzung

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Bürgermeisterin John lädt erneut zu einer Sondersitzung um 9 Uhr ein und bringt damit ihre Stadträte auf die Palme

Von Peter Haacke, Starnberg

Der Konflikt zwischen dem Starnberger Stadtrat und Bürgermeisterin Eva John um die beantragte Sondersitzung zum Thema "Verkehr" eskaliert. Nachdem der erste von John rechtswidrig in den Herbstferien festgelegte Termin zu ungewöhnlicher Zeit am Freitag, 3. November, um 9 Uhr morgens lediglich von sieben Mandatsträgern wahrgenommen worden war, folgte nun eine Einladung mit identischer Tagesordnung für Freitag, 17. November, um 9 Uhr im "Orlandosaal" der städtischen Musikschule. Die Empörung in den Fraktionen darüber wächst: Die Rede ist von einem Eklat, bewusster Provokation und einer weiteren Farce - insbesondere deshalb, weil voraussichtlich erneut nur die wenigsten berufstätigen Stadträte den Termin wahrnehmen können.

Selbst langgediente Mandatsträger können sich nicht daran erinnern, dass in den vergangenen 30 Jahren eine Stadtratssitzung jemals um 9 Uhr begonnen hat. Die meisten Beteiligten erkennen in der Terminfestsetzung durch John daher einen weiteren Verstoß gegen die Geschäftsordnung des Stadtrates. Die Sitzungen beginnen im Normalfall um 18.30 Uhr im Kleinen Saal der Schlossberghalle. In Paragraf 20 ("Sitzungen, Beschlussfähigkeit") heißt es jedoch: "Wird der Stadtrat wegen Beschlussunfähigkeit in einer früheren Sitzung infolge einer nicht ausreichenden Zahl anwesender Mitglieder zum zweiten Mal zur Verhandlung über denselben Gegenstand zusammengerufen, so ist er ohne Rücksicht auf die Zahl der Erschienenen beschlussfähig."

Einige Stadträte befürchten nun, dass in Abwesenheit verhinderter Mandatsträger Entscheidungen zum Themenkomplex "Verkehr" getroffen werden könnten, die nicht dem mehrheitlichen Willen des Gremiums entsprechen. Andererseits haben sie Sorge, dass ihre Abwesenheit in der Öffentlichkeit als Arbeitsverweigerung interpretiert werden könnte.

Eingebunden in die aktuelle Auseinandersetzung ist die Kommunale Rechtsaufsicht, die bei John bereits eine Stellungnahme erbeten hat, in der sie die Gründe für den ungewöhnlichen Sitzungszeitpunkts darlegen soll. Die Juristen im Landratsamt hatten bereits ihr Veto gegen die Sondersitzung am 3. November eingelegt, weil die Bürgermeisterin die Ladungsfristen ignoriert hatte und der angesetzte Termin somit rechtswidrig war. CSU-Chef Stefan Frey ist deshalb überzeugt davon, dass sich dadurch kein Bezug zur ersten Sitzung herstellen lassen kann.

John hatte die Sitzung am 3. November dennoch eröffnet, das Gremium war nicht beschlussfähig. Viele Beobachter der bizarr anmutenden Veranstaltung, an der mehr Zuhörer als Mandatsträger teilgenommen hatten, empfanden die Sitzung als Zeitverschwendung. Vertreten waren lediglich WPS, BMS, FDP sowie Michael Mignoli (BLS), der die Sitzung aber vorzeitig verließ. Vertreter der CSU, UWG, SPD, Grüne, Parteifreie und die meisten BLS-Stadträte waren nicht anwesend.

Gleichwohl beharrten die Antragsteller auf ihrem Anliegen und beantragten - unter Wahrung der Fristen - erneut eine Sitzung zum Thema Verkehr. Der Termin zum zweiten Anlauf wurde am Mittwochabend auf der Homepage der Stadt Starnberg veröffentlicht; die Einladung samt Unterlagen lag den meisten Stadträten am Donnerstag noch nicht vor. Rathaus-Sprecherin Lena Choi erklärte, der Kleine Saal der Schlossberghalle stehe wegen Vorbereitungen für eine Weinmesse am Wochenende nicht zur Verfügung. Auch die geänderte Uhrzeit habe "organisatorische Gründe": Die Bürgermeisterin folge als Vertreterin der Stadt einer Einladung zum "jährlichen Herbstfest des SV Söcking". Zweiter SV-Vorsitzender Peter Koziol bestätigte, dass es sich um ein "geselliges Beisammensein mit Essen" handle, bei dem insbesondere Freunde und Förderer des Sportvereins gewürdigt werden sollen. Weil Bürgermeisterin John den Stadtrat aber zu verschiedenen Punkten über den aktuellen Sachstand informieren soll, sei ihre persönliche Anwesenheit erforderlich - und das sei eben nur an jenem Freitagvormittag möglich.

© SZ vom 10.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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