Sozialarbeit:Vertrauen statt Verbote

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Im Mittelpunkt ihrer Arbeit stehen immer die Wünsche und Anliegen der Jugendlichen. Seit 2008 kümmert sich Elke Leicht-Krohn um die jungen Leute, die sonst unbeachtet blieben. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Elke Leicht-Krohn ist Streetworkerin in Gilching, die einzige im Landkreis Starnberg

Von Marcella Rau, Gilching

Wo immer Gruppen junger Leuten aufeinandertreffen, entsteht Lärm. Das Problem ist, dass Städte und Gemeinden immer dichter bebaut sind, es kaum Plätze gibt, an denen Jugendliche nicht sofort den Unmut der Anwohner auf sich ziehen würden. Um zunehmender Lärmbelästigung und Sachbeschädigung vor allem durch Jugendliche entgegenzuwirken, setzten manche der Gemeinden im Landkreis in der Vergangenheit auf Sicherheitsdienste, wodurch das Problem jedoch eher verlagert, als aus der Welt geschaffen wurde. In immer mehr Gemeinden wird nun stattdessen die Einstellung von Streetworkern diskutiert, die sich um die Jugendlichen kümmern sollen. Bisher gibt es im Landkreis dafür nur eine Stelle: In Gilching kümmert sich Elke Leicht-Krohn um Jugendliche, die von anderen sozialen Einrichtungen nicht erreicht werden. Sie geht dort hin, wo diese sich treffen, und bietet Unterstützung an, wo sie gebraucht wird.

Dabei unterscheide sich ihre Arbeit ganz grundlegend von der der Sicherheitsleute, betont Elke Leicht-Krohn. Während ein Sicherheitsdienst zwangsläufig eine gewisse Autorität mitbringen muss, geht es beim Streetworking darum gerade nicht. "Wenn ich zu einem Dreizehnjährigen hingehe, der eine Zigarette im Mund hat, und ihn auffordere, sie wegzuwerfen, habe ich gleich verloren, dann steht der auf und geht weg," berichtet sie. Es geht auch nicht um Intervention, wenn es einmal laut wird. Es geht darum, eine langfristige Beziehung zu den Jugendlichen aufzubauen, ihnen zu helfen, wenn sie in Schwierigkeiten geraten. Auf lange Sicht trüge das aber durchaus auch dazu bei, dass es im Ort ruhiger werde und Situationen weniger schnell ausarteten, berichtet Leicht-Krohn.

Da Verbote die Beziehung zu den Jugendlichen eher behindern als fördern würden, bewegt sie sich bei ihrer Arbeit zwangsläufig oft in Grauzonen. Wenn sie etwa auf Jugendliche trifft, die Alkohol konsumieren, spricht sie diese zwar an, aber Getränke wegzunehmen, kommt nicht in Frage. Wenn jemand wirklich betrunken ist, wird er eben kurzerhand heimgefahren oder auch einmal zur Ausnüchterung mit in die Küche des der Alten Villa in der Pollingerstraße genommen, wo sich Leicht-Krohn ihre Dienststelle eingerichtet hat. Ganz anders sieht das aus, wenn es um Kinder geht. Die Streetworkerin erinnert sich an eine bereits polizeibekannte Zwölfjährige, die sie beim Cannabiskonsum beobachtet hatte. Bei Kindern ruft sie dann sofort die Polizei. Auch wenn die Jugendlichen sich ernsthaft in Gefahr befinden, informiert sie den Rettungsdienst und dieser bringe dann sowieso die Polizei mit, so die Streetworkerin. Wichtig dabei: Es geht ihr immer um den Schutz der Jugendlichen und nicht um den der Anwohner.

Als Leicht-Krohn 2008 die Stelle als Streetworkerin annahm, stieß sie anfangs durchaus oft noch auf Misstrauen. Doch die Jugendlichen lernten ihre Hilfe zu schätzen. Egal ob es ein warmes Essen oder eine Mitfahrgelegenheit zum Jugendgericht war. Alle könne sie aber natürlich nicht erreichen, wenn jemand sich nicht helfen lassen will, seien ihr die Hände gebunden, berichtet sie. Dennoch: Nach all den Jahren gibt es kaum eine Clique in Gilching, in der sie nicht zumindest den ein oder anderen kennt, oft bereits durch ältere Geschwister.

© SZ vom 07.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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