Pressesprecherin:"Mehr Fragen als Antworten"

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Innenministerium sieht kaum Chancen auf Realisierung einer Umfahrung für die Kreisstadt

Interview von Peter Haacke, Starnberg

Den Fachleuten der Obersten Baubehörde - eine Abteilung des bayerischen Innenministeriums - ist Starnbergs Verkehrsproblematik durchaus bekannt. Im Interview mit Kathrin Fändrich, stellvertretende Pressesprecherin, wird deutlich, dass der Freistaat an der Tunnel-Lösung für Starnberg festhält.

SZ: Welche Aspekte in Hinblick auf Genehmigung, Finanzierung, Planung und Bau von Alternativen - also Umfahrungen - zum B2-Tunnel in Starnberg konnten geklärt werden, welche nicht?

Fändrich: Bund, Freistaat und wohl auch der Landkreis stehen als Straßenbaulastträger für ein derartiges Projekt nicht zur Verfügung. Eine Umfahrung könnte aktuell nur unter Regie der Stadt Starnberg betrieben werden. Dies betrifft Planung, Genehmigung, Finanzierung und Bau. Die Stadt kann hier aber nicht nach Belieben handeln: Auch hier müssten - wie beim B2-Tunnel - alle gesetzlich vorgeschriebenen Genehmigungsverfahren durch die zuständigen Behörden durchgeführt werden. Die Entscheidungen unterlägen wiederum richterlicher Kontrolle.

Wie beurteilt die Oberste Baubehörde die Realisierungschancen einer Alternative zum B2-Tunnel in rechtlicher und finanzieller Hinsicht?

In Anbetracht der Vielzahl unterschiedlicher Schutzgebietskategorien in den angedachten Korridoren von Umgehungen und auch im Hinblick auf Artenschutz wird eine Realisierung aus Sicht der Obersten Baubehörde außerordentlich schwierig. Das Scheitern eines derartigen Projektes kann nicht ausgeschlossen werden. Genehmigung oder Scheitern stehen letztlich nur nach Durchlaufen aller erforderlichen Verfahren fest. Die Frage der Realisierungschance in finanzieller Hinsicht müsste die Stadt Starnberg beantworten.

Ist aus Sicht der verantwortlichen Behörden die Fragestellung "Tunnel oder Umfahrung" mit dem Gespräch im Innenministerium abschließend geklärt?

Diese Frage ist aus Sicht der Obersten Baubehörde seit langem beantwortet. Der Tunnel hat Baurecht, die Umsetzung kann konkret in Angriff genommen werden. Ein Baubeginn wurde seitens des Bundes nur deshalb nicht erteilt, weil es vor Ort eine ablehnende Haltung der Stadt gibt. Für eine Umfahrung gibt es eine Vielzahl von Einzelaussagen zu Teilaspekten, aber keine belastbaren Unterlagen, um deren Realisierungschance beurteilen zu können. Auch ist nicht hinreichend klar, wie das Umfahrungsprojekt aussehen soll. Die Umfahrung wirft mehr Fragen auf als sie Antworten geben kann.

In welchem Zeitraum ist aufgrund der Gegebenheiten eine Verkehrsentlastung für Starnberg durch Tunnel oder Umfahrung realisierbar, welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?

Für den Tunnel kann ab Zustimmung des Bundes zum Baubeginn folgendes Szenario angesetzt werden: Zeitbedarf für Grunderwerb, Ausbau Münchner Straße bis Bahnbrücke, Spartenverlegungen, Durchstich Petersbrunner Straße, Planung Grundwasserdüker, Baureifeplanung und Ausschreibung Tunnel, Lieferzeit Tunnelbohrmaschine: Bis Ende 2019. Bauzeit Tunnel 2020 bis 2024. 2025 fährt der B2-Durchgangsverkehr durch den Tunnel. Für eine Umfahrung muss der komplette Planungsprozess durchlaufen werden: Für Genehmigungsverfahren, zu erwartende Rechtsstreitigkeiten in bis zu drei Instanzen, Grunderwerb sowie Finanzierungsplanung ist - optimistisch geschätzt - ein Zeitraum von zehn Jahren bis zum Baubeginn angesetzt. Der gesamte Prozess birgt viele Unwägbarkeiten.

Existiert aus Sicht des Freistaats überhaupt eine realistische Chance zu Planung und Bau einer Umfahrung, oder bleibt der B2-Tunnel einzige Option?

In Anbetracht der vielen Fragezeichen von potenziellen Umfahrungsprojekten ist aus Sicht der Obersten Baubehörde der B2-Tunnel die einzig erfolgversprechende Lösung, die Starnberg in absehbarer Zeit eine Verkehrsentlastung bringen kann. Das ist aber nichts Neues.

Welchen Eindruck hat Starnbergs Delegation im Ministerium hinterlassen?

Wir hatten ein sehr sachliches Gespräch in angenehmer Atmosphäre. Erkennbar war, dass die Delegation aus Tunnelbefürwortern, Umfahrungsbefürwortern, aber auch Zweiflern besteht. Selbst die Tunnelgegner haben sich für den Erkenntnisgewinn bedankt. Obwohl nichts Neues gesagt wurde, schien es doch so, dass alle Mitglieder der Delegation am Ende mehr wussten als vorher. Tragweite und Konsequenzen einer Entscheidung gegen den B2-Entlastungstunnel dürften allen Teilnehmern nun bekannt sein. Bei der Entscheidung, die nun zeitnah getroffen werden muss, spielen technische, rechtliche, finanzielle und politische Aspekte eine Rolle. Dass nur die Gesamtheit dieser Aspekte zur richtigen Entscheidung für Starnberg führen kann, war den Teilnehmern nach unserem Eindruck am Ende der Besprechung wesentlich klarer.

© SZ vom 21.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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