Neue Richtlinie:Weniger Beratung für Flüchtlinge

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Die Zahl der Asylsozialarbeiter wird drastisch gekürzt. Helferkreise planen eine Petition.

Von Carolin Fries, Starnberg

Die Asylsozialarbeit im Landkreis wird im Laufe des Jahres 2018 massiv gekürzt. Hintergrund ist die neue Beratungs- und Integrationsrichtlinie (BIR) des bayerischen Sozialministeriums. Damit bekommt die Sozialarbeit in den Asyl-Unterkünften nicht nur einen neuen Namen, sie wird auch komplett neu strukturiert. Die aktuell elf vorhandenen Stellen werden sich bis Ende des Jahres auf sechs reduzieren. Die Sozialpädagogen werden dann nicht mehr Büros in den einzelnen Unterkünften besetzen können, sondern zentrale Anlaufstellen einrichten. Die Helferkreise sind alarmiert und planen, im Landtag eine Petition gegen die neue Verordnung einzureichen.

Der Verein "Hilfe von Mensch zu Mensch" (HVMZM), der die Asylsozialberatung im Landkreis als alleiniger Träger leistet, arbeitet aktuell an einem Konzept zur Umsetzung der BIR. In Planung sind drei Büros in Starnberg, Gauting und Herrsching. Hier sollen langfristig jeweils zwei Mitarbeiter den Bewohnern in den 14 Gemeinschaftsunterkünften und dezentralen Unterkünften im Landkreis sowie grundsätzlich Menschen mit Migrationshintergrund als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Das ist eine zentrale Neuerung der Richtlinie, bislang war die Migrationsberatung und die Asylberatung getrennt. Als Übergangslösung ist in Überlegung, ein viertes Büro in Weßling einzurichten. Für wie viele Menschen das Team um Julian Mantoan, der selbst als Asylsozialberater in Krailling tätig ist und die Beratung im Landkreis koordiniert, künftig auf dem Papier zuständig ist, ist unklar. Bislang galt, dass ein Berater für 150 Flüchtlinge zuständig ist.

Inden Unterkünften im Landkreis leben aktuell 1682 Flüchtlinge, davon sind 522 sogenannte Fehlbeleger. Sie finden auf dem freien Markt keine Wohnung. Julian Mantoan sagt: "Wir sind schon jetzt sehr gut ausgelastet." Er ist der Meinung, es sei zu früh, die Zahl der Betreuer runterzufahren. Auch wenn ein Asylverfahren abgeschlossen ist, sei weiter Unterstützung notwendig: unter anderem bei der Suche nach Arbeit und Wohnraum. Dennoch werde man sich bemühen, weiterhin gute Arbeit zu leisten, sagt Franz Schrödl, Gesamtkoordinator der Flüchtlings- und Integrationsarbeit bei "Hilfe von Mensch zu Mensch". Bis zum Jahresende ist sein Personal zwar noch gesichert, wird eine Stelle frei, darf diese aber nicht mehr nachbesetzt werden. Der Verein, der in fünf Landkreisen Asylberatung anbietet, rechnet damit, dass von insgesamt 45 Stellen bis zum Jahresende nurmehr 20 bleiben. Doch Schrödls Sorge gilt nicht nur den personellen und finanziellen Einsparungen in der Beratung. "Es wird schwierig, das den ehrenamtlichen Helfern zu vermitteln", sagt er. In der Tat schlagen die Helferkreise bereits Alarm. Jürgen Martin aus dem Lenkungsteam der Helferkreise im Landkreis spricht von einem "radikalen Einschnitt". Wenn es in den Unterkünften keine Berater mehr gäbe, falle mehr Arbeit für die ehrenamtlichen Helfer an, für die Polizei und die Kommunen. Er ist überzeugt, dass die schwierige Situation in den Gemeinschaftsunterkünften bislang nur deshalb beherrschbar war, weil dort regelmäßig Sozialpädagogen im Einsatz waren, die "ein Gefühl für die Situation" hatten. Künftig werden sich die Bewohner selbst überlassen sein, nur in der Gemeinschaftsunterkunft in Seefeld gibt es einen Securitydienst. Wer eine Sozialberatung braucht, muss mit Bus und Bahn eines der Büros aufsuchen. "Mit gesundem Menschenverstand ist das nicht nachvollziehbar", sagt er. Iradj Teymurian, der den Helferkreis in Berg leitet, sagt, es sei kaum mehr möglich, die Helfer bei der Stange zu halten, geschweige denn neue hinzuzugewinnen. "Diese Politik macht es nicht leichter."

Landrat Karl Roth (CSU) hält es für falsch, die Zahl der Sozialberater im Landkreis zu reduzieren und diese aus den Unterkünften abzuziehen. "Das fällt auf die Helferkreise zurück." Er will die Problematik an diesem Dienstag bei der Landräte-Tagung mit der Regierung von Oberbayern in München besprechen.

© SZ vom 16.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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