Kunsttherapie:Traumhafte Bilder

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Männer und Frauen mit Autismus zeigen ihre Werke im Gautinger Rathaus. Kunsttherapeutin Brigitte Lobisch ermuntert sie, sich schöpferisch auszudrücken

Von Blanche Mamer, Gauting

Selten sind Vernissagen so fröhlich und lebensbejahend wie die Eröffnung der Ausstellung "Malen ist Hoffnung" im Gautinger Rathaus mit Bildern von Menschen mit Autismus. Und selten sieht man so viele herzliche Umarmungen und so viel glückliches Lächeln wie bei der von Kunsttherapeutin Brigitte Lobisch initiierten Bilderschau. 15 der 16 Künstler aus der Region und den angrenzenden Landkreisen sind mit ihren Familien gekommen und stellen ihre Werke vor. Manche zögernd, doch zufrieden mit sich, denn sie haben nicht nur traumhafte leuchtende Bilder gemalt, sondern auch sehr poetische Worte für ihr Malen gefunden.

Nicht allekönnen sich verbal ausdrücken oder beherrschen ihre Motorik, sie gelten oft als bizarr, gefühllos und ohne Kontakte zur Umwelt. Sie leiden unter der massiven Reizüberflutung, können nicht filtern, was wichtig ist, und was nicht. Doch sie haben ein reiches Innenleben und verfügen über große Gefühle. Durch die Methode des Gestützten Malens, die Lobisch seit 1993 entwickelt hat, gelingt es ihr, die inneren Bilder zu befreien. Für ihre Schüler bedeutet das, sich auszudrücken und zu kommunizieren. Sie werden mutig, schöpfen Hoffnung, sind glücklich. Brigitte Lobisch erklärt das so: Durch die leichte Stütze des Handgelenks oder des Unterarms entsteht ein Widerstand, der irritiert und einen Impuls auslöst, etwas zu tun. Gezielt wandert der Pinsel von einem Farbtopf zum anderen oder auf der Tastatur von einem Buchstaben zu nächsten. Heraus kommen Gemälde, die die tiefsten Gefühle des Malers ausdrücken oder poetische Texte, die von großem Sprachempfinden zeugen. "Merkwürdig, dass ich eine Stütze benötige, um mich mit Farben so auszudrücken, wie ich will", erkennt beispielsweise Orkan. Oder Arit schreibt: "Ich sehe mich als heiles Wesen und bin überrascht über diesen heilen Ausdruck." Oder David, der aus dem Bayerischen Wald kommt und zweieinhalb Stunden Fahrt nach Gauting hat. Er findet dass beim Malen alle guten Fähigkeiten zum Ausdruck kommen. Auch wenn er zwischendurch ruft, dass er "jetzt heimfahren will", bleibt er doch bereitwillig bei seinen Bildern.

Auffallend in allen 115 ausgestellten Bildern sind die starken leuchtenden Farben, die klaren Formen, die manchmal an naive Malerei erinnern, manchmal an psychodelische Figuren. Elise beispielsweise hat einen großen gelben Stern vor dunkelblauem Hintergrund gemalt, daneben eine kleine Figur, sie selbst, und schreibt dazu: "Ich bin erfüllt vom Licht meines ruhigen Abendsterns. Er zeigt mir, wie man erfüllt leuchten kann und wirkt fein in mein schwieriges Menschsein." Und Rebecca, die schon zum fünften Mal ausstellt, sagt, sie sei am Leben und der Malerei interessiert, umarmt ihre Lehrerin, ihre Mama und stürmt dann fröhlich auf eine Besucherin zu. Ihre Bilder zeigen feine Pinselstriche, strömen Leichtigkeit aus. Die beeindruckende Ausstellung kann zu den Öffnungszeiten des Gautinger Rathauses, Bahnhofstraße 7, besichtigt werden.

© SZ vom 08.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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