Kunst:Nur Paul auf dem Klo musste 'raus

Lesezeit: 2 min

Bei der grafischen Gestaltung des Albums "Revolver" ließen die Beatles Klaus Voormann fast völlig freie Hand. Eine Ausstellung im Starnberger Kulturbahnhof zeigt die Entstehungsgeschichte dieses und anderer Platten-Covers

Von Blanche Mamer, Starnberg

Nebel und Nieseln haben ihm Glück gebracht. "Es begann alles an einem verregneten Tag in meiner Londoner Dachwohnung. Ich musste aus der Badewanne raus, als meine Frau mich ans Telefon rief, um mit diesem John zu reden. John wer? - ME, you silly bastard!" Klaus Voormann, der 1966 das legendäre Cover zum legendären Beatles-Album "Revolver" zeichnete, hat sicher John Lennons Anruf schon hundertmal wieder gegeben. Bei der Vernissage zur Ausstellung seiner Grafiken und Zeichnungen im Kulturbahnhof Starnberg musste er sie am Donnerstag dem Publikum sowie dem Autor und Journalisten Nicola Bardola wieder erzählen. War Voormann zunächst sehr freundlich und gelassen, wirkte er gegen Ende ein wenig ungeduldig, als Bardola immer noch mehr Fragen stellte. Aufgelockert aber wurde die Vernissage von der genialen Pianistin Masako Ohta, die unter anderem Lennons "Imagine" in ihre Performance einbaute.

"Ich kann schlecht mit Worten umgehen, ich bin ein visueller Typ", sagt Voormann, der schon seit Jahren am Starnberger See lebt. Also hat er die Entstehungsgeschichte der Plattenhülle, für die er als erster deutscher Künstler einen Grammy erhielt, gezeichnet und in der Graphic Novel "Birth of an Icon - Revolver 50" veröffentlicht. Hunderte kleine, quadratische, oft unfertig wirkende Skizzen sind in der Ausstellung zu sehen. Man erkennt, dass er manches ausradierte, wie sich die Entwürfe veränderten, wie er neue Textblasen darübergelegte, beim Hintergrund oder den Haaren experimentierte und durch das dünne Papier durchschraffierte: Es braucht Zeit, diese Bildchen zu studieren, doch es lohnt sich. Klar sind auch große Arbeiten ausgestellt: Originale, Drucke, Zeichnungen, Collagen und Entwürfe für Plattenhüllen - vor allem aber verschiedene Versionen des Revolver-Covers.

Klaus Voormann stellte bei der Vernissage am Donnerstag sein grafisches Werk in der Schalterhalle des Starnberger See-Bahnhofs vor. (Foto: Arlet Ulfers)

Kennengelernt hat Voormann die Beatles schon Anfang der 1960er Jahre, als sie im berüchtigten "Kaiser Keller" auf der Reeperbahn auftraten. An einem dieser vernebelten, grauen Tage in St. Pauli wagte sich der Sohn einer großbürgerlichen Arztfamilie in diese Lasterhöhle und war sofort infiziert von der Musik der seltsamen Burschen aus Liverpool. Irgendwann traute er sich, auf John zuzugehen und ihm die Illustration für das Cover der Ventures-Platte "Walk Don't Run" zu zeigen. Doch es noch sollte es sechs Jahre dauern bis zum bedeutungsvollen Anruf. "Ich hatte völlig freie Hand, schwarz-weiß war o.k., die vielen Haare, o.k. Nur ein kleines Foto von Paul auf der Kloschüssel musste ich auf Wunsch von Produzent George Martin herausnehmen," sagt Voormann. Das hübsche Gesicht von George Harrison bereitete ihm Schwierigkeiten, schließlich habe er Augen und Lippen aus einem Foto geschnitten und eingeklebt.

Voormann hat danach noch zahlreiche Cover anderer Bands wie beispielsweise der Bee Gees oder der Death-Punk-Band Turbonegro illustriert. Doch mindestens ebenso wichtig war ihm seine Rolle als Musiker. "Ich wollte kein Grafiker sein, ich wollte Musik machen", sagt er, fast ein wenig trotzig. Er spielte Bassgitarre auf Soloalben von Lennon, Harrison und Starr, war Gründungsmitglied der Plastic Ono Band, spielte mit Lou Reed, Carly Simon, BB King. Für die Beteiligung am "Concert of Bangla Desh" bekam er einen weiteren Grammy. Alles was man wissen will, hat Voormann wunderbar in dem LP-großen Comic-Buch dargestellt.

Die Ausstellung läuft bis zum 12. November; der Kulturbahnhof ist jeweils Freitag von 16 bis 18 Uhr, Samstag und Sonntag von 14 bis 18 Uhr geöffnet.

© SZ vom 21.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: