Kultur:Raumgestalt und Traumlandschaft

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Bei den 17. Ateliertagen in der Gautinger Reismühle lassen sich am kommenden Wochenende 31 Künstler über die Schulter schauen.

Von Patrizia Steipe, Gauting

"Nichts ist so beständig wie der Wandel". Dieser Satz des antiken Philosophen Heraklit wäre das ideale Motto für die Ateliertage in der Reismühle Gauting. Schließlich öffnen die Künstler von Freitag, 7., bis Sonntag, 9. Juli, bereits zum 17. Mal ihre Ateliers und lassen die Besucher damit an ihrer jeweiligen kreativen Entwicklung teilhaben. 31 Kunstschaffende wirken heuer mit. Die Mischung aus langjährigen "Reismühlern" und neuen Ateliernutzern sorgt dabei wie stets für neue Impulse. Sie haben ihre Werkstätten in den alten Industriegebäuden der Reismühle eingerichtet, die den architektonischen Charme vergangener Zeiten ausströmen und für sich allein gesehen schon eine Besichtigung wert sind. Für die Besucher gleichen die Ateliertage einer Entdeckungsreise: Hinein in die persönliche Schaffenswelt der Künstler, die zwischen kreativem Chaos und akribischer Ordnung mäandert.

Die Mehrzahl der Ateliers ist fest in weiblicher Hand. 31 Kunstschaffende laden am Wochenende zum Besuch in ihre Werkstätten ein. (Foto: Arlet Ulfers)

Die Rostfiguren von Uli Schweiger beispielsweise scheinen Neugierige bereits von weitem heranzuwinken. Es sind archaische Körper mit groben, reduzierten Formen sowie überdimensionierten Händen und Füßen. Sein "Aufbruch" hat etwas Tänzelndes an sich: Der Körper steht auf einem Bein, die Arme sind weit in die Höhe gereckt. Eine 1,35 Meter hohe Raumgestalt von Schweiger hat es sogar bis auf die Biennale nach Venedig geschafft. So weit brauchen die Besucher der Ateliertage zum Glück nicht zu fahren: Der Künstler stellt Modelle in verkleinertem Maßstab in der Reismühle aus. Noch glänzen sie silbern, aber mit ein wenig chemischer Nachhilfe werden sie schon in wenigen Tagen von rostiger Patina überzogen sein.

Ein paar Schritte weiter hat Jutta Körner ihr Atelier, sie zählt zu den ersten Künstlern in der Reismühle. "Mein Thema ist der Stier", erklärt die Bildhauerin. Die Figur wirkt wie eine Mischung aus massiger Kraft mit weicher Zartheit. Außerdem setzt sie die Bewegungen des Tangos in ihren Skulpturen um. Den dunkel schimmernden Ton hat Körner mit metallischen Oxyden vor dem Brennen eingefärbt. In anderen Werken sucht sie mit speziellen Pigmenten nach einer besonderen Farbigkeit.

Magdalena Koczorowska in ihrem Atelier. (Foto: Arlet Ulfers)

Zu den Debütantinnen zählen Ulrike Hartmann und Magdalena Koczorowska. Die gebürtige Polin malt am liebsten unter freiem Himmel. Ihre Eindrücke zeichnet sie gerne mit Kohle und in schwarz-weiß: Dadurch können Licht-Schatten-Effekte kontrastreicher skizziert werden. "Vergänglichkeit inspiriert mich", erklärt die junge Künstlerin. Das Atelier teilt sie sich mit Ulrike Hartmann: Sie bringt Spielereien, Träume und "Geschichten, die mir Spaß machen" auf die Leinwand. Mal sind es kleine, an Kinderkritzeleien erinnernde Bildchen; dann wieder Monotypien, auf denen abstrahierte Jongleure oder Spieler zu sehen sind. "Ich möchte die leichte Seite des Lebens darstellen", erklärt Hartmann.

Auch Regina Lord spielt mit Farben und Formen. Oft fängt sie an zu malen ohne ein Ziel vor Augen zu haben. Allmählich kristallisiert sich so aus ihren pastelligen Welten Gegenständliches heraus. Im vergangenen Jahr hat sich Lord von den wechselnden Licht- und Wetterverhältnissen am Chiemsee inspirieren lassen und Gemälde mit Gewitterstimmungen, Wellen und Wolken angefertigt.

Unbedingt sollte man auch in der Werkstatt von Brigitte Thoma vorbeischauen. Die 86-jährige Grande Dame der Ateliergemeinschaft stellt abstrakte Werke aus, darin gehen Struktur und Farbe einen spannenden Dialog ein. Neuzugänge in der Reismühle sind seit Ende 2016 die Keramikerin Stefanie Gravanis, die Malerin Anna Eibl-Eibesfeldt und der Grafiker Bernd Wiedemann. Als Gastkünstler stellt der Feldafinger Holzbildhauer Johannes Hofbauer seine fünf Meter hohe, spiralig-verdrehte Turmskulptur im Außenbereich aus.

Ulrich Schweigers Skulptur "Aufbruch" ist auch auf der Biennale in Venedig zu sehen. (Foto: Arlet Ulfers)

Die Ateliers in der Reismühle Gauting können am Freitag, 7. Juli, von 17 bis 20 Uhr sowie am 8. und 9. Juli von 11 bis 19 Uhr besichtigt werden. Führungen durch die Ateliers werden samstags und sonntags jeweils um 12 und 15 Uhr angeboten. Am Freitag treten von 20 Uhr an die Musiker Claus Angerbauer und Christina Jesinghaus mit Rock, Folk und Blues auf. Samstag findet von 12 bis 14 Uhr ein Workshop für Kinder ab 6 Jahre über Malen mit Pigmenten statt: Anmeldung unter annaeibl@gmx.de

© SZ vom 05.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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