Kreishaushalt und Schulden:Bürgermeister in Aufruhr

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Weil die Schulden des Landkreises bis auf 111 Millionen Euro steigen werden, setzen die Gemeindechefs im Kreistag durch, dass das Landratsamt eine Prognose aller Ausgaben samt Folgekosten im Herbst vorlegen muss

Von Wolfgang Prochaska, Starnberg

Die Kreisräte hätten am Montag in der Sitzung des Kreistages einen Wahrsager gut gebrauchen können. Dann wäre es auch Landrat Karl Roth leichter gefallen, die Fragen zu beantworten, die die künftige Finanzplanung des Landkreises betrafen. So konnte Roth immer nur darauf hinweisen, dass man im schlimmsten Fall mit einem Anstieg der Schulden auf 111 Millionen Euro im Jahr 2020 zu rechnen habe und die Kreisumlage, also die Abgabe der Gemeinden an den Landkreis, wohl im schlimmsten Fall um zwei Prozentpunkte auf etwa 50 Prozent steigen könnte. Mit solchen Aussagen wollte sich die Mehrheit der Kreisräte aber nicht begnügen. Ungewohnt harte Ausdrücke fielen: "Von Harakiri" sprach Albert Luppart (Freie Wähler), Jürgen Busse (Freie Wähler) von "Luxus-Aufwendungen" und FW-Fraktionschef Matthias Vilsmayer von "gigantischer Fehlentwicklung". Zur Erinnerung: Ende 2015 drückten den Landkreis nur Schulden in Höhe von 4,61 Millionen Euro.

Auslöser der ganzen Debatte war ein Antrag der Freien Wähler. Darin fordern sie erneut eine Prognose zu den künftig geplanten Investitionen des Landkreises über die kommenden zehn Jahre. Bekanntlich will der Landkreis unter anderem eine Fachoberschule in Starnberg (30 Millionen Euro), ein Gymnasium in Herrsching (40 Millionen Euro) und einen Anbau ans Landratsamt (14,8 Millionen Euro) errichten, sowie die Klinik Seefeld (21 Millionen Euro) übernehmen. Angesichts der vielen Millionen Euro, die der Kreis ausgibt, hatte es schon in vorherigen Sitzungen der Kreisgremien heftige Debatten gegeben. Allein die Höhe der Schulden, die angehäuft werden, ließ die Kreisräte erschauern. Die Freien Wähler verlangten deshalb auch eine Prioritätenliste, was bislang Roth mit dem Argument konterte, dass alle Projekte wichtig seien. An diesem Montagmorgen war es anders: Man erlebte den Aufstand der Bürgermeister-Riege, angeführt von Rupert Monn (CSU).

Die Gemeindechefs befürchten, dass die Kreisumlage angesichts des Schuldenbergs in ungewohnte Höhen steigen könnte; sie forderten per Antrag, dass der Landkreis "eine Prognose zur Entwicklung dieser Abgabe über die nächsten zehn Jahre unter Berücksichtigung aller Ausgaben und ihrer Folgekosten" vorlegen soll. Monn griff in seiner Rede auf eine Rhetorik zurück, die gut in einen Horrorfilm passen könnte: "Die Kreisumlage ist ein Strick, der den Gemeinden um den Hals gelegt wird." Mit anderen Worten: Die Kommunen fürchten um ihre Handlungsfähigkeit, sollten sie mehr an den Kreis zahlen müssen, damit dieser seine Schulden tilgen kann. Das war aber noch nicht alles. Zudem wollen die Bürgermeister, dass das Ergebnis der Prognose im Herbst dem Haushaltsausschuss vorgelegt werden soll, als Grundlage für den Haushalt 2017. Es soll in diesem Rahmen auch über eine Prioritätenliste beraten werden. Es war eine Machtdemonstration, ganz nach dem Geschmack der Freien Wähler, die den Antrag unterstützten. Gegen nur zwei Stimmen wurde er angenommen.

Zuvor musste Landrat Roth weiteres Störfeuer aushalten. Der Grüne Peter Unger forderte eine Verschiebung des Kreishaushalts auf Ende Juli. Die FDP-Fraktion mit Oswald Gasser an der Spitze wetterte zum wiederholten Male gegen die Erweiterung des Landratsamts und wollte das Projekt zeitlich weit nach hinten schieben. Dazu lag ein Antrag vor. "Mieten wir doch Räume für die Mitarbeiter an", meinte er. Das brachte die CSU wieder in Harnisch. Fraktionschef Harald Schwab rechnete der FDP vor, dass Mietverträge betriebswirtschaftlich überhaupt nichts bringen würden, da man nur zahle, aber nichts in der Hand habe. "Das ist keine Großmannssucht, die wir betreiben, das sind Investitionen in die Zukunft." So argumentierten in einem seltenen Schulterschluss mit der CSU auch die Grünen. "Es ist doch die Frage: Schaffe ich nachhaltige Werte?", meinte Martina Neubauer. Für sie waren die Investitionen in Schulen und Klinik richtig. Wie schwierig Prognosen sind, daran erinnerte Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP): "Vor zwei Jahren war die schlimme Lage der Klinik Seefeld nicht absehbar und in der Flüchtlingspolitik ist etwas eingetreten, was wir so auch nicht vorhersehen konnten." Landrat Roth nickte ihr zu. Dennoch geht er schweren Zeiten entgegen.

© SZ vom 28.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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