Halloween und seine Folgen:Der Kürbis-Boom

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Die Frucht wird immer beliebter - zum Schnitzen und zum Essen. Es gibt viele Arten der Zubereitung

Von Astrid Becker, Starnberg

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(Foto: STA Franz X. Fuchs)

Bunte Vielfallt: Nicht nur farblich haben Kürbisse Einiges zu bieten.

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(Foto: Nila Thiel)

Gisela Hafemeyermacht Marmeladen und Brotteig aus Kürbissen.

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(Foto: Nila Thiel)

Monika Wiekert backt einen speziellen Pumpkin Pie.

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(Foto: Georgine Treybal)

Sogar als Füllung für Nudeln eignet sich die Frucht.

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(Foto: Nila Thiel)

Es gibt Kürbissorten, die sind besser zum Schnitzen als zum Essen geeignet. Diese Grimassen entstanden in Schondorf.

Kinder lieben sie vor allem an Halloween, allerdings weniger als Suppe, sondern vielmehr dann, wenn sie bunte Fratzen schneiden. Bei Erwachsenen, noch dazu bei denjenigen, die sich gern an kulinarischen Genüssen erfreuen, steht der Kürbis derzeit ebenfalls hoch im Kurs. Das liegt nicht nur daran, dass die Frucht im Herbst Saison hat, sondern weil sie als kalorienarm, nahrhaft und gesund gilt. Dementsprechend groß ist das Angebot. Im ganzen Landkreis Starnberg werden derzeit an den Straßen Kürbisse verkauft. Eines sticht dabei ins Auge: Die Sortenvielfalt hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen.

"Der Kürbis liegt absolut im Trend", bestätigt Georg Lohner vom Spargelhof Lohner aus Inchenhofen, der die Früchte im Fünfseenland gleich an mehreren Ständen verkauft. Er führt den Boom eindeutig auf Halloween zurück, einer amerikanischen Tradition, die vor weit mehr als einem Jahrzehnt auch in Deutschland Einzug gehalten hat. Seit dem Jahr 2000 pflanzen daher auch die Lohners auf ihren Feldern in Schwaben Kürbisse an, zunächst nur den "Roten Zentner", eine essbare Sorte, die relativ groß, rund und quietschorange ist. Sie war die erste hierzulande, die in lustige Halloweenmasken verwandelt wurde. Begehrt als Speisekürbis sei aber schon bald auch der Hokkaido geworden, wegen seines Geschmackes und wegen seiner leichten Zubereitungsart: Er muss nicht geschält werden. Wegen dieser Eigenart hatte der Hokkaido eine Vorreiterrolle in der Küche eingenommen, erzählt der 52-jährige Lohner: "In meiner Kindheit gab es nur den Roten Zentner, früher eher ein Arme-Leute-Essen", das es mittlerweile aber längst auch in die Haute Cuisine geschafft hat.

Bei Lohner sind Kürbisse mittlerweile die zweitstärkste Einnahmequelle, auch wenn sie umsatztechnisch noch weit hinter dem Spargel liegen. Aber immerhin hat sich seine Anbaufläche längst verfünffacht. Auf mittlerweile etwa 150 Hektar kultiviert Lohner zehn verschiedene Sorten, darunter neben dem Roten Zentner, dem Hokkaido oder Butternut auch den "grauen Prinzen", der seinen Namen wegen seiner grau-grünlichen Schale trägt. Diese Sorte sei äußerst beliebt; vor allem Liebhaber der türkischen Küche hätten zur gestiegenen Nachfrage beigetragen, sagt er.

Mittlerweile gibt es bei Lohner auch einen echten Halloween-Kürbis. Darunter ist ein reiner Zierkürbis zu verstehen, der in Amerika gezüchtet wurde, um das Schnitzen zu erleichtern. Er ist also nicht ganz so hartschalig und auch nicht so vollfleischig wie der "Rote Zentner". Apropos Amerika. Dort wurde erst vor kurzem der schwerste Kürbis aller Zeiten vorgestellt. 1071 Kilogramm, also mehr als eine Tonne, brachte das gute Stück auf die Waage, was nicht nur bei Lohner ein gewisses Erstaunen hervorruft.

Auch die Kräuterpädagogin Gisela Hafemeyer aus Frieding schüttelt angesichts eines solchen Gigantismus nur den Kopf: "Das funktioniert sicher nur mit Wachstumshormonen", meint sie, die quasi mit einer Infusion in die Pflanze eingebracht würden. Hafemeyer beschäftigt sich seit vielen Jahren mit diesem Thema. Sie baut selbst verschiedene Kürbissorten an, hält Vorträge dazu und bietet verschiedene Produkte an, die sie aus Kürbis herstellt. Chutneys zum Beispiel, Kürbiskuchen, Marmelade oder auch Kürbisbrot: "Da kommt das Püree in den Teig, was das Brot dann richtig orange macht", sagt sie. Den Teilnehmern ihrer Exkursionen in die Geheimnisse des Kürbis gibt sie nicht nur ein paar gute Rezepte mit auf den Weg und kocht mit ihnen das ein oder andere auch vor Ort, sondern gibt auch Tipps zu Anbau und Ernte.

Zum Beispiel muss die Frucht unbedingt vor dem ersten Frost geschnitten werden. Dabei sollte man zuvor immer auf den Kürbis klopfen: "Je hohler er klingt, desto ausgereifter ist er", sagt sie. Es sollte immer ein wenig Stielansatz am Kürbis bleiben, denn so ist er haltbarer. Und er sollte nicht sofort nach der Ernte verzehrt werden, sondern zwei bis drei Wochen bei einer Temperatur von 20 Grad Celsius nachreifen: "So schmeckt er besser", sagt Hafemeyer. Zubereitet werden kann Kürbis auf alle möglichen Arten: als Bratling, als Suppe, als Auflauf oder Gratin, als Knödel, als Püree, als Kompott, als Zutat zur Pizza oder auch als Füllung für Nudeln, die beispielsweise Riccardo Racani in seinem Feinkostgeschäft in Gauting fix und fertig für seine Kunden verkauft , allerdings nur während der Saison.

Alle zwei bis drei Wochen stellt er sich selbst an seine Nudelmaschine und fertigt die Basis für die Füllung seiner Cannelloni oder seiner Ravioli. Dafür schneidet er den Kürbis, am liebsten Hokkaido, samt Schale in dünne Scheiben, bäckt sie im Rohr und passiert sie mit der Hand zusammen mitweichen Amarettini, Senffrüchten und ein bisschen Käse aus der Lombardei. Denn Racani schwört auf sein altes Rezept aus Mantua, das er schon von klein auf kennt. Seine Kunden goutieren diese Mühen: Die Nudeln sind meist ausverkauft. Wer sie will, sollte sie daher am besten vorbestellen. Ähnlich ist es auch mit dem "Pumpkin Pie", den es im Gautinger Café "Petite Amelie" gibt. Monika Wiekert backt ihn immer um Halloween herum und meist für amerikanische und englische Kinder, die die Munich International School besuchen: "Das ist in diesen Familien einfach Tradition", sagt sie. Aber auch immer mehr Deutsche wüssten diese Tarte zu schätzen, die aus Kürbis, Kondensmilch und Gewürzen wie Zimt, Ingwer, Nelken und Muskatnuss bereitet wird.

Kürbis, so sagt auch Steffi Liebtrau vom Restaurant "Kramerfeicht" in Berg, sei passe eben zu allem, sogar zu Fisch. So servierte sie ihren Gästen erst im Oktober Zander im Amarettinimantel mit einem Kürbisrisotto. Und jetzt, im November, kommt die vielseitige Frucht gleich zwei Mal im Menü vor: Ein Mal als Suppe mit Ingwer, Orange, süß-säuerlich schmeckender Berberitze und zum zweiten Mal als gebratene Beilage zu Backe und Bries vom Kalb. Sie selbst isst ihn sehr gern und schätzt Kürbis wegen seiner vielseitigen Einsetzbarkeit. Auch mit Wein lasse sich Kürbis je nach Zubereitung vortrefflich kombinieren. Zum Beispiel mit einer Riesling-Spätlese oder auch einer Scheurebe: "Hauptsache, der Wein enthält ein wenig Restsüße", empfiehlt sie.

Die einzige Art, Kürbis zu verarbeiten, die offenbar aus der Mode gekommen ist, ist es, ihn süß-sauer einzulegen. So ist es zum Beispiel im Feinkostladen Schindler in Starnberg zu hören, wo er als gegrilltes Antipasti seinen Weg ins Sortiment gefunden hat: "Wir mögen ihn am liebsten so, wahrscheinlich, weil er früher immer nur eingelegt worden ist und man als Kind nicht so viel damit anfangen konnte", erzählt eine der Verkäuferinnen. Auch Georg Lohner vom Spargelhof Lohner isst seine diversen Sorten am liebsten vom Grill. Allerdings ist der Grund dafür weitaus profaner: "Das kann jeder Mann zubereiten, auch der, der eigentlich kein Küchenmeister ist."

© SZ vom 30.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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