Geplantes Flüchtlingsheim:Modellsportler unter Strom

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Ein faszinierendes Hobby für alle Altersklassen sind elektrisch betriebene RC Cars, die es in verschiedenen Maßstäben gibt. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Bis zum 30. September soll die Modellbahnanlage des SC Percha restlos verschwinden, auf dem Gelände wird ein Container-Dorf für Flüchtlinge errichtet. Die Mitglieder sind empört, doch es zeichnet sich eine Lösung ab

Von Peter Haacke, Starnberg

Die Unterbringung von Asylsuchenden und Flüchtlingen auf dem Sportgelände des SC Percha gilt seit Monaten als beschlossene Sache. Einigkeit schien zwischen Landratsamt, Stadtverwaltung und Sportverein darüber zu bestehen, dass am Starnberger Ortseingang entlang des Autobahnzubringers bis Jahresende ein Container-Dorf für insgesamt 96 Personen entstehen sollte. Doch bei einigen der rund 400 Mitglieder des Sportclubs vor den Toren der Stadt herrschte am Dienstag aufgrund eines Schreibens vom Landratsamt helle Aufregung: Unter Fristsetzung bis 30. September und Strafandrohung in Höhe bis zu 10 000 Euro soll der SC Percha seine erst im Vorjahr fertiggestellte Freiluftbahn für elektrisch betriebene Modellautos zurückbauen. Eher beiläufig war der Brief aus dem Landratsamt bekannt geworden: Die komplette Vorstandsriege des SC Percha befindet sich derzeit im Urlaub.

Bislang waren die Vereinsverantwortlichen von einer Koexistenz von Asylunterkunft und Modellbahnanlage ausgegangen. Das weitläufige Sportgelände am Rand des Leutstettener Mooses, auf dem westlich des Sportplatzes schon allerlei Veranstaltungen stattgefunden haben, muss für den Bau der Containeranlagen noch durch eine Zufahrt sowie Versorgungsleitungen erschlossen werden. Abgestellte Gebrauchtfahrzeuge eines Autohändlers sind bereits verschwunden, die am Rand des Areals gelagerten Container sollen demnächst folgen. Ebenso wurde allen übrigen Nutzern des Areals - darunter ein Busunternehmer - gekündigt. Doch vom Abbau der Modellbahn, die mit großem Engagement im Sommer 2015 in Eigenarbeit unter finanzieller Selbstbeteiligung für rund 20 000 Euro fertiggestellt wurde, war bislang nicht die Rede.

Überrascht zeigte sich Johannes Gürtler, Leiter der Modellauto-Abteilung. Erst am Dienstagabend habe ihn ein aktives Mitglied über die jüngste Entwicklung informiert. Schon lange hatten die 25 Mitglieder der Sparte, die Mitglied im Bayerischen Motorsportverband ist, von einer größeren Freiluft-Anlage geträumt, die den Ansprüchen der Aktiven gerecht wird. Bis dahin hatten sie sich auf einer eher provisorischen Bahn neben der "PlayGolf"-Anlage ausgetobt. Im Frühjahr 2015 entstand auf knapp 1800 Quadratmetern als "fliegendes Bauwerk" - also ohne Baugenehmigung - ein Offroad-Parcours auf Kunstrasen mit Sprungschanzen und Schikanen, der kaum Wünsche offen ließ. "Der Zuspruch ist groß", sagt Gürtler, "viele Leute kommen aus der gesamten Region und aus München, um hier mit ihren RC Cars auf unserer Rennstrecke zu fahren".

Absolutes Unverständnis über das Schreiben aus dem Starnberger Landratsamt äußert SC-Vorsitzender Jürgen Effenberger, den die SZ am Mittwoch telefonisch in Spanien erreichte. Noch vor wenigen Wochen hätten Landrat Karl Roth und Starnbergs Bürgermeisterin Eva John dem SC Percha im Rahmen eines Gesprächs über die geplante Container-Aufstellung den Bestand der Modellanlage zugesichert, sagt Effenberger. In jenem Gespräch sei demnach ebenfalls vereinbart worden, dass der Verein lediglich einen formlosen Bauantrag zur Legitimation der Anlage bei der Stadt stellen müsse und das Landratsamt dann voraussichtlich grünes Licht geben werde. Zuvor müsse eine Fristverlängerung zur Beseitigung beantragt werden.

In den vergangenen Tagen hatten Mitarbeiter verschiedener Behörden eingehend das Areal untersucht. Derweil war Hannes Mader, Wirt der Vereinsgaststätte des SC Percha, am Dienstag im Auftrag des Vereinsvorstands im Einsatz und führte Gespräche mit Vertretern der Kreisbehörde und der Stadtverwaltung. Am späten Mittwochnachmittag zeichnete sich eine Möglichkeit zum Erhalt der Anlage ab, die laut Landratsamtssprecher Stefan Diebl "die Gemüter beruhigen" werde. Lena Choi, Pressesprecherin der Stadt, teilte mit, das Landratsamt gehe davon aus, dass die Rennbahn eine bauliche Anlage ist, die ohne Baugenehmigung errichtet wurde. Es stehe dem SC Percha frei, für die Anlage nachträglich eine Baugenehmigung zu beantragen. Die Stadtverwaltung stehe einem Bauantrag positiv gegenüber und würde dem zuständigen Bauausschuss die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens empfehlen. Die Mitglieder der Modellauto-Abteilung im SC Percha können nach der großen Aufregung demnach nun also auf eine versöhnliche Lösung hoffen.

© SZ vom 22.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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