Gemeinderat Seeshaupt:Gepflegter Rasen ist kein Biotop

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Ungenaue Kartierung erfordert einen neuen Bebauungsplan

Der Leiter der Bau- und Umweltverwaltung im Landkreis Weilheim-Schongau, Friedrich von der Mülbe, kam persönlich zur Sitzung des Seeshaupter Gemeinderates: Als Vertreter der Unteren Naturschutzbehörde erläuterte er dem Gremium die Geschichte des Biotops an der Ach. Dort hatte schon im November 2016 ein Grundeigentümer die Änderung des Bebauungsplans beantragt. Er will auf dem idyllisch am Ufer gelegenen Grundstück das bestehende Haus durch zwei Gebäude ersetzen. Das Seeshaupter Bauamt erkundigte sich beim Landratsamt, das zunächst keine Bedenken äußerte, worauf der Rat die Änderung einstimmig beschloss. Ein Jahr später bei Bearbeitung des Bauantrags verlangte das Landratsamt aber, einen neuen Bebauungsplan für das Gebiet zu erstellen. Im Januar 2018 stellte sich dann allerdings heraus, dass das Bauvorhaben die Biotopgrenzen verletzt - die Gemeinde müsse eine Ausnahmegenehmigung beantragen, sagte die Baubehörde.

Das wollten die Räte mehrheitlich nicht, auch wenn sich einige durchaus wunderten, warum auf der Karte mehrere Gebäude innerhalb der Biotopgrenzen liegen. Ein Ortstermin ergab schließlich, dass das Biotop in Natura kleiner ist als auf dem Papier. "Ein Fachmann", so von der Mülbe, "erkennt auf den ersten Blick, dass ein regelmäßig gemähter Garten kein Biotop ist". Das Biotop an der Ach ist als "Gewässerbegleitgehölz mit Röhricht und Großseggenried" definiert. Die Ungenauigkeit der Kartierung erklärte Friedrich von der Mülbe mit der elektronischen Erfassung der Pläne aus den neunziger Jahren. Durch die unterschiedlichen Maßstäbe könnten dabei die Grenzen um einige Meter verrutscht sein. Es könne aber auch sein, dass sich die Gegebenheiten verändert hätten. "Wir sind inzwischen der festen Ansicht, dass ein Bundesgesetz einer Bebauung nicht entgegensteht. Das ist jetzt 100 Prozent belastbar."

Petra Eberle (CSU) äußerte ihren Unmut über die vielen Diskussionen und Beschlüsse im Gemeinderat: "Ich vertue hier meine Zeit, und ich werde nicht dafür bezahlt." Max Amons Anregung, auch andere Kommunen vorzuwarnen, dass die Kartierungen nicht genau seien, wies Friedrich von der Mülbe allerdings zurück: "Wir als Freistaat lassen uns von einem Gemeinderat nicht sagen, was wir zu tun haben". Eine Neukartierung sei derzeit beauftragt. Bis dahin müsse man eben an Ort und Stelle die Gegebenheiten überprüfen. Mit neun zu sieben Stimmen beschloss der Gemeinderat daraufhin die Änderung des Bebauungsplans. Bevor aber gebaut werden kann, betonte Bürgermeister Michael Bernwieser (PfB) mit Blick auf die zahlreich erschienenen Anwohner des Gebiets, müsse erst noch ein Bauantrag genehmigt werden.

© SZ vom 05.04.2018 / kiah - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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