Festvortrag von Günther Beckstein :Gemeinsamkeiten im Glauben

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Der ehemalige Ministerpräsident und EKD-Vizepräses Günter Beckstein beim gemeinsamen Jahresempfang der evangelischen Kirchengemeinde und des Freundeskreises der Akademie Tutzing in Starnberg. (Foto: Georgine Treybal)

Günther Beckstein macht bei seinem Festvortrag in Starnberg Hoffnung auf eine weitere Annäherung der beiden großen Konfessionen

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Starnberg

Der ehemalige Ministerpräsident und Vizepräses der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) Günther Beckstein glaubt fest an eine Annäherung von katholischen und evangelischen Christen. In seinem Festvortrag über 500 Jahre Reformation beim gemeinsamen Neujahrsempfang der evangelischen Kirchengemeinde und des Freundeskreises der Akademie Tutzing in Starnberg hob er die Gemeinsamkeiten der beiden Konfessionen hervor. Der Andrang zur Jubiläumsveranstaltung, die musikalisch begleitet wurde von der "Starnberger Klarinettenmusik" mit Altbürgermeister Ferdinand Pfaffinger und seiner Frau Barbara, war groß. Unter den Gästen im Gemeindesaal waren Kommunalpolitiker sowie Vertreter der Kirchengemeinden, von sozialen Einrichtungen und Vereinen.

Eine Annäherung werde allerdings nicht von heute auf morgen möglich sein, glaubt Beckstein. Die Strukturen seien starr. Die Gläubigen auf beiden Seiten hätten sich viel angetan, es habe "große und kleine Sünden" gegeben. Das Reformationsjubiläum solle aber kein "antikatholisches Fest" mehr sein, man wolle gemeinsam mit den Katholiken feiern, sagte er. Papst Franziskus habe im gemeinsamen Gottesdienst im schwedischen Lund ein Zeichen gesetzt. Allerdings müssten auch die Unterschiede deutlich angesprochen werden. "Evangelische Toleranz ist nicht, sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner zu einigen", betonte Beckstein, der fünf Jahre lang den politischen Club der Evangelischen Akademie in Tutzing geleitet hat. Unterschiedliche Meinungen müssten ernst genommen werden. "Wir brauchen kontroverse Diskussionen, wir brauchen mehr Respekt vor der unterschiedlichen Meinung."

Beckstein betonte, Reformation bedeute Spaltung. Luther hatte mit seinem Thesenanschlag 1517 die kirchlichen Dogmen in Frage gestellt und sei damit der Vorläufer der Aufklärung gewesen mit seiner These, wonach das eigene Gewissen wichtiger sei als die Obrigkeit. Doch Luther stand laut Beckstein auch für Hass gegen Juden und Türken, für Hexenverfolgung und Jähzorn. "Er war ein Mensch und kein Heiliger." Aber durch Luther habe sich die evangelische Kirche weg von der Institution und hin zum Individuum entwickelt, in der die Arbeit von Laien und Ehrenamtlichen eine zentrale Bedeutung habe. Die Evangelische Kirche komme ihrem Bildungsauftrag nach und schaffe Raum für unterschiedliche Meinungen. Beckstein zeigte sich überzeugt davon, dass ohne die evangelischen Christen die friedliche Revolution und die Wiedervereinigung Deutschlands nicht möglich gewesen wäre. Das Jubiläum dürfe sich daher nicht in Veranstaltungen erschöpfen. Es sollten wieder mehr Menschen zum Glauben finden, insbesondere in Ostdeutschland.

Wie die Vorsitzende des Freundeskreises, Brigitte Grande betonte, steht auch die Evangelische Akademie Tutzing für Dialog und freie Meinungsäußerung. Die Zusammenarbeit mit der Evangelischen Kirchengemeinde sei besonders glücklich, sagte sie bei der Vorstellung der neuen Vorsitzenden des Freundeskreises in Starnberg, Claudia Sack. Auch Pfarrer Hans-Martin Schroeder hob die besondere Verbundenheit des Freundeskreises mit der Kirchengemeinde hervor. Er wies zudem auf ein zweites Jubiläum hin. Der Gebetskreis der Kirchengemeinde hatte sich zum 500. Mal getroffen. "Beten gibt Kraft, ist ein Motor der Gemeinde, ein Ziel, auf das man sich ausrichtet", sagte er.

© SZ vom 04.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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