Dießen/Starnberg:Das Pfingstwunder

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Das Heilige Theater im Dießener Marienmünster wird um eine zehnte Szene erweitert. An diesem Wochenende wird sie den Gläubigen zum ersten Mal präsentiert.

Von Sabine Bader, Dießen/Starnberg

Der Landkreis Starnberg ist bekanntlich reich an vielem - an schöner Landschaft, an Seen, an Verkehr und an hohen Grundstückspreisen, aber er ist recht arm an Pfingstbräuchen. Während anderorts Pfingstfeuer entzündet und blumengeschmückte Ochsen auf die Weiden getrieben werden, sind diese Bräuche laut Kreisheimatpfleger Manfred Schulz, der sich besonders um das Brauchtum kümmert, im Fünfseenland in Vergessenheit geraten.

Dennoch gibt es an diesem Pfingstwochenende etwas Besonderes. Und zwar auf der Mysterienbühne (theatrum sacrum) des Dießener Marienmünsters hinter dem Altarraum. Denn das "Heilige Theater" hat, um es leger auszudrücken, regelrecht Zuwachs bekommen. Die Spielstätte, die bisher aus neun Szenen bestand, nennt nun eine zehnte ihr eigen. Sie wird der Öffentlichkeit erstmals zum Pfingstfest präsentiert - beim Vorabendgottesdienst am Samstag, 3. Juni, um 18 Uhr, sowie am Pfingstsonntag, 4. Juni, um 10 Uhr.

Die Pfingstszene hat Dießens Pfarrer Josef Kirchensteiner gemeinsam mit Mesner Hans Jürgen Oppler und Florian Jettenberger regelrecht komponiert. (Foto: Arlet Ulfers)

Wenn Dießens Pfarrer Josef Kirchensteiner über des Theater spricht, kommt er regelrecht ins Schwärmen. "Es ist die einzige erhaltene und bespielbare Mysterienbühne, die mir bekannt ist", sagt er. Sie stammt großteils aus der Malerwerkstatt des bedeutenden Barockmeisters Johann Georg Bergmüller. Die Pfingstszene hat Kirchensteiner gemeinsam mit Mesner Hans Jürgen Oppler und Florian Jettenberger regelrecht komponiert. Sie zeigt Maria mit elf Aposteln einträchtig beim Abendmahl, und der Heilige Geist kommt in Gestalt von Feuer auf sie hernieder.

Die meisten Figuren waren laut Kirchensteiner schnell gefunden. Schließlich verfügt das Marienmünster über einen beachtlichen Bestand an lebensgroßen Skulpturen. Der Großteil von ihnen stammt noch aus der Barockzeit. Gut, so manche Statue war vielleicht nicht ganz passend gekleidet, denn sie hatte in der Weihnachtszeit im Mysterienspiel einen Hirten verkörpert, wie Kirchensteiner verrät. Die Figuren mussten umgezogen werden. Um auf elf Jünger zu kommen, sind diesmal auch sogenannte Halbfiguren dabei. Kirchensteiner und seine Helfer haben sie findig mittels kleiner Podeste und Gewänder so drapiert, dass dies so gut wie nicht auffällt.

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(Foto: Arlet Ulfers)

Das Mysterienspiel, das an Pfingsten im Marienmünster in Dießen gezeigt wird, erhältlich eine zusätzliche Szene.

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(Foto: Arlet Ulfers)

Pfarrer Josef Kirchensteiner präsentiert sie den Gläubigen zum ersten Mal am Samstag.

Das Neue und zugleich Besondere an der Pfingstbühne aber kommt von oben: Der Geistliche hat Glasflammen bei der Firma Lösche, einem bekannten Töpferbetrieb in Dießen, fertigen lassen. "Sie sind großartig worden", sagt er ein wenig stolz. Die Flammen werden dann an Pfingsten an Stahlseilen auf die Abendmahls-Szenerie herabgelassen. Bekanntlich ist die Flamme neben der Taube und der Feuerzunge eines der bekanntesten Kirchensymbole für die Entsendung des Heiligen Geistes an Pfingsten.

Wer den Dießener Pfarrer Kirchensteiner erzählen hört, der merkt schnell, dass es ihm bei der Heiligen Bühne noch um etwas anderes geht: "Mir ist wichtig, dass man unser Marienmünster nicht nur als museales Relikt mit einer großartigen Historie ansieht, sondern dass es lebendig ist." Schließlich sei es typisch für das Katholische, nicht nur das Wort in den Mittelpunkt zu stellen, sondern auch dem Visuellen einen großen Stellenwert einzuräumen. Mit der Pfingstdarstellung an diesem Wochenende will der Geistliche auch zeigen, dass sich die Handwerkskunst der früheren Barockzeit sehr wohl mit den modernen Handwerkskünsten kombinieren lässt.

© SZ vom 03.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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