Dießen:Zwei Welten

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Allenfalls solide: das enttäuschende Auriga Quartett bei der Ammerseerenade in Dießen. (Foto: Nila Thiel)

Das Arcis Saxophon Quartett überzeugt beim Fest von "Live Music Now" in Dießen auf ganzer Linie - das Auriga Quartett nicht

Von Reinhard Palmer, Dießen

Wenn der Verein "25 Jahre Yehudi Menuhin Live Music Now München" im Rahmen der Ammerseerenade begeht, wird auch die Gründungsidee der Organisation gefeiert. Nach der Begrüßung durch Dießens Bürgermeister Herbert Kirsch erfuhr das Publikum von Vorstandsmitglied Gerlinde Leib Details zur Idee und Entstehung, bevor die Vorstandsvorsitzende Nora Beyer von Morgenstern die Moderation mit Künstlergesprächen übernahm. Der Verein ist 1992 in München gegründet worden und fand bis heute in 12 anderen deutschen Städten Nachfolger. Mittlerweile ist die Fördereinrichtung mit dem berühmten, 1999 gestorbenen Geiger Yehudi Menuhin als Schirmherrn und Namensgeber auch im Ausland vertreten.

Das Prinzip ist so einfach wie wirkungsvoll: Herausragenden Musikstudenten werden im Sinne eines Stipendiums bezahlte Auftritte in Seniorenwohnheimen, Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen vermittelt. Auf diese Weise kommen Menschen, die ansonsten zu keinem Konzert hinkämen, gratis in den Genuss der Musik. Auf der anderen Seite sammeln junge Musiker gegen Gage Konzerterfahrungen. Eine Win-win-Situation. Vorausgesetzt, die Musiker nehmen ihre Auftritte ernst und ihre Verantwortung wahr, qualitativ Hochwertiges abzuliefern, um nicht mehr Schaden als Nutzen anzurichten.

Die Mitglieder des Auriga Quartetts nahmen die Sache bei der Jubiläumsveranstaltung allzu nachlässig. Sie wussten anscheinend auch nichts vom feierlichen Rahmen im Augustinum Dießen und schickten den Primarius mit drei Ersatzspielern auf die Bühne. Eine gemeinsame Probe reichte denn auch nicht aus, um Interpretationen zu liefern, die dem Anlasses gerecht wurden. Zum Glück macht Johannes X. Schachtner gerade seine Hochzeitsreise, so blieb ihm doch eine eher dürftige Uraufführung seines "Quasi una serenata" erspart, das die Ammerseerenade explizit in Auftrag gegeben hatte. Das viersätzige Werk ist ein überaus sensibles Streichquartett mit Serenadencharakter, das auf Ensemblepräzision und sorgfältig austarierte Klanggestaltung absolut angewiesen ist.

Die vier Musiker lieferten zwar eine gemessen am minimalen Probenaufwand recht solide Interpretation, vermochten aber weder zu fesseln und die Spannung zu halten noch die adäquate Atmosphäre zu erzeugen. Als Charakterstudie bezeichnete Schachtner die locker aneinandergefügten Sätze - sie hätten daher eindringlicherer Ausprägungen bedurft. In sinnlichen Farbmixturen fand das Quartett zwar zur Klangschönheit, und auch die kraftvolleren, tänzerischen Passagen überzeugten substantiell. Aber es fehlten der Spannungsbogen und der rote Faden.

Im Satz aus dem Razumovsky-Quartett Beethovens sowie in zwei Sätzen aus Dvóřaks amerikanischem Quartett legten die Interpretationen an Qualität zu, vor allem was die Dramaturgie betrifft. Nicht alle Instrumente brachten allerdings die nötigen Voraussetzungen mit, um auch in der Feinsinnigkeit des Changierens in Ausdruck und Klangfarbe gestalten zu können. Es blieb zudem auch hier beim Aneinanderreihen einzelner Themen und Motive.

Anders lief es beim Arcis Saxophon Quartett, das nicht nur auf höchste Präzision und Sorgfalt setzte, sondern zugleich auch mit Musikalität, Einfühlungsvermögen und reicher Differenzierung fesselte - und außerdem mit eloquenter Moderation. Für diese Besetzung gibt es kaum Originalliteratur, doch greift das Ensemble auf hochwertige Arrangements und Bearbeitungen zurück.

So ist es den Musikern gelungen, selbst Ligetis "Sechs Bagatellen" vom Bläserquintett auf das Saxophonquartett herunterzubrechen und immer noch die kernig-urige Substanz ungarischer Tänze zu erhalten. Bachs italienisches Konzert ließe sich fast als Originalliteratur bezeichnen, klang es doch wie auf der Orgel gespielt, zumal die vier jungen Bläser mit großartiger Phrasierung barock blieben.

Die große Stunde der Saxophonbesetzung schlug letztendlich in Gershwins Suite aus "Porgy and Bess" - als Exzerpt von Sylvain Dedenon -, fühlt sich doch der Saxophonklang im Blues und Jazz, die Gershwins Musik durchsetzen, am wohlsten. Mit "Patchwork" des zeitgenössischen französischen Komponisten Philippe Geiss legte das Ensemble in der Zugabe in Sachen packendes Ensemblespiel noch einmal mit einer Originalkomposition nach.

© SZ vom 31.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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