Dießen:Wirkungsvolles Spiel

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Christian Felix Benning am Schlagwerk und Micha Haupt an den Orgeln zeigen in ihrem Konzert die klanglichen und musikalischen Möglichkeiten dieser Kombination auf

Von Reinhard Palmer, Dießen

Schlagwerk und Orgel bilden in der Musik seit dem 20. Jahrhundert eine recht beliebte Kombination. Seit sich die Orgel auch ihrer unkonventionellen spieltechnischen und klanglichen Möglichkeiten bedient und das Schlagwerk seine klangliche Vielfalt wie auch sein melodisches Potenzial entdeckt hat. Und da Orgeln in der Regel auch in mehr oder weniger hallenden Kirchen stehen, profitiert die Kombination auch von der räumlichen Wirkung der Klangentwicklungen.

Das Dießener Münsterkonzert mit Christian Felix Benning am Schlagwerk und Micha Haupt an den Orgeln lag hier bereits in einer Tradition, auch wenn sie sich noch nicht unbedingt beim breiten Publikum durchgesetzt hat. Das merkte man auch an der bescheidenen Besucherzahl, die den Umzug in die anliegende St.-Stephan-Kirche ratsam machte. Diese Säulenhalle erwies sich aber gerade aufgrund ihrer mittelalterlich gedrungenen Proportionen und dadurch nicht allzu potenzierender Akustik von Vorteil, insbesondere bei einer so mächtig dröhnenden Komposition wie dem "Rebonds b" von Xenakis, die Benning hier solistisch in rituell-ekstatischer Groove-Monotonie präzis durchexerzierte.

Weit weniger streng konzipierte Wolfgang Reifeneder sein Crossover für die kleine Trommel: Eine beliebte Übung der Schlagwerker, die Vielfalt der Möglichkeiten mit dem geringsten instrumentalen Einsatz zu demonstrieren. Der österreichische Komponist bewies darin zudem Humor und nahm auch den wienerischen sowie den folkloristische Charakter in seine viersätzige Reihe auf. Weit interessanter zeigten sich die Kompositionen des Deutschserben Nebojša Jovan Živković, die er für Marimbaphon und Vibraphon verfasste. Mit "Ilijaš" über ein serbisches Dorf in volkstümlicher Eindringlichkeit sowie "Suomineito" (Finnisches Mädchen) von nordisch-elegischer Melancholie demonstrierte Benning vor allem die Gewandtheit des Komponisten, Atmosphären musikalisch zu formulieren.

Haupt griff die Möglichkeit von St. Stephan auf, um sowohl die historische als auch die moderne Orgel zu spielen. Beide haben keine große Disposition, doch in ihren klanglichen Möglichkeiten sind sie beachtlich, sofern sie gekonnt in Szene gesetzt werden. Wie etwa in der "Partite sopra Folia" von Frescobaldi, deren spritzig-tänzerischer Duktus mit der Substanz steigernden Registrierung überaus effektvoll ausfiel. Das französische Lied um 1500 "Quant ein congneu a ma pense" profitierte indes gerade aus einer gewissen Schlichtheit der Gestaltung. In spielfreudiger Leichtigkeit mit gewichtigeren Akzenten brachte Haupt mit dem Präludium A-Dur Bach ins Spiel, um sogleich mit dessen "Alla Breve pro Organo Pleno in D-Dur"eine wirkungsvolle Steigerung in Volumen und Dichte zu entwickeln. Mittel, die dann in der freien Improvisation in den Fokus rückten, gerade was den Umgang mit dem motivisch-thematischen Material betrifft. Duos an sich waren hier enttäuschend selten im Programm. Zumal "Landscapes of Patmos" von Petr Eben für Orgel und Set-Up das Konzert vielversprechend eröffnete. Mit Röhrenglocken, Glockenspiel, Bongos, Trommeln, Snare und verschiedenen Schlägeln ausgestattet, stand dort das Schlagwerk der Orgel auch motivisch gleichwertig gegenüber. Einzig "Bolero" von Pierre Cochereau griff diese Konstellation mit Orgel und kleiner Trommel erneut auf, doch blieb dort das Schlaginstrument auf den ostinaten Rhythmus Ravels reduziert. In der Konstellation mit Marimbaphon, wie in Paul Crestons Meditation und in der Zugabe in Bachs "Komm du süßer Tod" schlüpfte das Instrument mit Tremolospiel ins Gewand eines Melodieinstruments, was dem instrumentalen Gesang zugutekam.

© SZ vom 29.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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