Dießen:"Die Drums sind mein Leben"

Lesezeit: 4 min

Manu Lotter aus Dießen trommelte früher für die "Emil Bulls", nun spielt er in der Metal-Band "Rhapsody of Fire". Das Ausnahmetalent musste extrem hart arbeiten, um Profi zu werden

Von Magdalena Seidenspinner, Dießen

Das Schlagzeug steht in aller Regel hinten, am Rande des Geschehens. Aber wenn der Beat einsetzt, erwacht die Bühne zum Leben. Wie ein Herzschlag pulsiert die Trommeln, und das Schlagzeug wird plötzlich zum Herzstück der Musik.

Für Manu Lotter ist das Schlagzeugspielen Herzensangelegenheit: Es ist sein Hobby, sein Beruf, sein Leben. Sein erstes Schlagzeug hat er mit gerade einmal zwei Jahren bekommen. Ein Mickey-Mouse-Schlagzeug für Kinder war es, damit fing alles an. "Wenn ich so zurückblicke, dann kann man wohl sagen, dass die Drums eher mich gefunden haben als umgekehrt", sagt der heute 28-Jährige. Sein Vater, Robert Lotter, ist selbst Musiker und hat das Talent seines Sohns sehr früh erkannt. Mit sechs Jahren trommelte Manu auf allem, was er finden konnte. Dann hatte der Vater genug: Ein Schlagzeuglehrer musste her.

Schon ein Jahr später spielte Manu Lotter im Schulorchester, später in der Schulband seines Gymnasiums. Dort sammelte er die ersten Live-Erfahrungen, wurde immer besser. Im Teenageralter ließ ihn sein Traum nicht mehr los: professionell Musik zu machen. Zuerst waren die Eltern dagegen. Sein Vater weiß aus eigener Erfahrung, wie hart das Musikgeschäft ist. Er fürchtete um die Zukunft seines Sohns.

Heute kann Manu Lotter das verstehen: "Eigentlich ist es doch ganz normal, dass sich Eltern immer nur das Beste für ihre Kinder wünschen. Dass meine Eltern zuerst besorgt waren, kann ich verstehen. Aber schon damals habe ich beschlossen, dass es hier um mein Leben geht, und dass ich mir nicht dreinreden lassen will."

Bald sahen auch die Eltern, dass die harte Arbeit ihres Sohnes fruchtet. Und sie unterstützten ihn, so gut sie konnten.

In den vergangenen drei Jahren hat Lotter als Drummer für die zwischen Rock, Metal und Hip Hop angesiedelten Emil Bulls gespielt. Etwa 100 Konzerte hatte er im Jahr, meistens eine Tour im Frühjahr und im Herbst, im Sommer verschiedene Festivals. Ende 2016 ist er ausgestiegen. "Ich brauche immer neue Herausforderungen und habe damals gespürt, dass es an der Zeit ist, etwas anderes zu machen", erinnert sich Lotter.

Manu Lotter trommelte schon mit sechs Jahren auf allem, was er finden konnte. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Nun hat er eine neue Herausforderung gefunden. Seit Anfang 2017 spielt er für die Power-Metal-Band Rhapsody of Fire. Eine ganz andere Art von Musik ist das, auch die Plattenproduktion läuft anders ab, als Lotter das kennt. "Die Alben von Rhapsody of Fire sind unglaublich aufwendig produziert, teilweise mit einem ganzen Orchester aufgenommen. Musikalisch erzählt eine Platte eine ganze Geschichte, Texte und Musik müssen immer stimmig sein. Diese Detailarbeit ist für mich spielerisch eine große Herausforderung". Aber genau das gefällt ihm an diesem neuen Job. Die Liebe fürs Detail findet er gerade in der heutigen Zeit wichtig, denn die komme oft viel zu kurz.

Auch Manu Lotter musste schon erfahren, dass das Business knallhart sein kann. "Je höher du im Musikgeschäft kommst, desto härter wird der Job. Die Konkurrenz wird immer größer, das ist eigentlich genau wie im Sport". Lotter macht sich keine Illusionen, was seinen Job betrifft, "denn Musiker sein, ist nicht nur Sex, Drugs und Rock'n' Roll". Es sei "nicht alles Gold was glänzt, Musik ist ein knallharter Job, genau wie jeder andere Beruf auch. Die Mechanismen der Branche gerade für junge Leute transparent zu machen, sei ihm wichtig. Ein Privatleben hatte er über Jahre hinweg nicht. Seine ganze Freizeit hat er der Musik geopfert, dabei Freunde verloren, Familienfeiern verpasst. Früher übte er bis zu zwölf Stunden am Tag, inzwischen sind es noch "drei bis fünf Stunden". Das sei nötig, um auf professionellem Level Musik zu machen.

2016 war für ihn ein hartes Jahr, geprägt von Unzufriedenheit. Aber die Musik einfach aufzugeben, kam für ihn nicht in Frage. "Die Drums sind mein Leben, und wenn ich sie aufgebe, würde ich mich selbst aufgeben." Deswegen hat er durchgehalten. Der Knoten ist geplatzt, die Zweifel vergingen. Heute zieht er eine positive Bilanz: "Ich habe unglaublich viel über mich selbst gelernt, und die Zeit hat mich menschlich geprägt. Selbst wenn man mal eine schlimme Phase oder das Gefühl hat, vom Leben gebremst zu werden, sollte man nie seine Träume aufgeben."

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Für heuer hat der Dießener wieder große Pläne. Neben seiner Bandtätigkeit spielt er immer wieder für andere Musiker Aufnahmen im Studio ein, außerdem hilft er nach wie vor bei seiner alten Band Emil Bulls aus. Zur Schule geht der 28-Jährige auch noch: Bei "Drummers Fokus" in München lässt er sich zum Schlagzeuglehrer ausbilden. Mehrere Standbeine zu haben, war dem Musiker schon immer wichtig, denn von Konzerten alleine könne man nun mal nicht leben. Auch mit Rhapsody of Fire hat der Schlagzeuger Großes vor, er kann nur so viel verraten: Eine Tour soll es sein, vielleicht durch Südamerika oder Europa. Wenn Lotter die Wahl hätte, wüsste er ganz genau, wo es hingehen soll: "Eine Tour in Japan zu spielen, das ist der Traum eines jeden Musikers und bestimmt eine unglaubliche Lebenserfahrung. Das würde ich mir wünschen".

Auf die Frage, was bisher der schönste Moment seiner Karriere gewesen sei, hat der Musiker sofort eine Antwort parat: Das "Highfield Festival" 2016. Knapp 20 000 Leute standen vor der Bühne, das WDR-Fernsehen übertrug die Konzerte live. "Es war surreal, ein unglaubliches Gefühl", erinnert er sich. Dafür lohne es sich, hart zu arbeiten. Jetzt freut sich der Schlagzeuger auf die neuen Erfahrungen, die 2017 noch auf ihn warten.

Aber bis es dann im Sommer wieder so richtig mit den Konzerten losgeht, hat Manu Lotter noch ein bisschen Freizeit. Und die will er in seiner Heimat verbringen, in Riederau bei Dießen am Ammersee. In einer Großstadt zu leben, wäre nichts für ihn. "Das Leben am Ammersee ist für mich ein perfekter Ausgleich zu meinem stressigen Job. Auch wenn ich in den letzten Jahren nicht viel vom See hatte, bin ich hier groß geworden und könnte mir keinen schöneren Ort zum Wohnen vorstellen."

© SZ vom 08.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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