Bernried:Malerei mit Licht

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Fritz Mühlenbecks Skulpturen spielen mit Reflexionen und Schatten, sie verändern ihr Aussehen je nach Lichteinfall. (Foto: Nila Thiel)

Der Anblick der Fenster im Ulmer Münster war für Fritz Mühlenbeck eine Offenbarung, die seinen weiteren Lebensweg bestimmte. Nun stellt der Glaskünstler bei Marschall in Bernried aus

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Bernried

Die Glasskulptur glänzt sanft im Lichteinfall. Farben von einem dezenten Ocker über dunkles Grün bis hin zum leuchtenden Azurblau; dazu unterschiedliche Strukturen wie glatt, rau oder samtig verleihen dem Kunstwerk eine sinnliche Ausstrahlung von enormer Tiefe. Die Skulptur verändert sich, je nachdem, ob es im Kunstlicht steht oder vor einem großen Fenster. Sie leuchtet strahlend oder glimmt geheimnisvoll, erzeugt Reflexionen und Schatten. "Glas ohne Licht schläft", findet Fritz Mühlenbeck, dessen Werke derzeit in der Galerie Marschall in Bernried zu sehen sind.

Schon immer hat der Künstler in jedem Werk, das er schuf, Transparenz gesucht. Den Anstoß mit Glas zu arbeiten, bekam Mühlenbeck, als er mit seiner Frau bei einer Führung durch das Ulmer Münster die renovierten Fenster sah. Das mystische Leuchten, das sich je nach Tageslicht veränderte, war für ihn eine Offenbarung. Bis dahin ging Mühlenbeck einem kaufmännischen Beruf nach und malte lediglich nebenbei. Von da an gab er den Broterwerb auf und verschrieb sich ganz der Glaskunst. Von der Pike auf lernte er zunächst das Handwerk bei einer der bekanntesten Glasmalereien Europas, der Firma Saile in Stuttgart. Mühlenbeck erlernte die Herstellung von Glas, das Zuschneiden, Verbleien und Verschmelzen, aber auch fototechnische Verfahren.

Die Arbeit mit dem Material Glas gibt dem Künstler zwar unendlich viele Möglichkeiten, ist aber sehr aufwendig. Spontane Eindrücke kann Glaskunst nicht wiedergeben, das Werk muss langfristig geplant werden. Bevor Mühlenbeck mit der Arbeit beginnt, hat er also Motiv und Aufbau schon im Kopf. An seinen durchdachten Kompositionen arbeitet er methodisch und korrekt. Erst fertigt er Skizzen an und anschließend Zeichnungen in Originalgröße. Das Glas stellt er für gewöhnlich selbst her, Mühlenbeck kauft aber auch mundgeblasenes Glas dazu, das sich durch besondere Strahlkraft auszeichnet. Er bricht das Material auseinander und fügt es wieder neu zusammen. Die Glasteile berühren sich, werden aber nicht untereinander vermischt. In mehreren Schichten verschmelzen sie im Ofen bei unterschiedlicher Temperatur und Verweildauer zu einem Gesamtkunstwerk.

"Nicht das Verschmelzen, das Abkühlen ist das Problem", erklärt Mühlenbeck. Damit keine Spannungen entstehen, lässt er seine Skulpturen oft tagelang im Ofen. Seine Kunst ist abstrakt, manchmal aber auch figurativ, wie etwa das Glasfusing "Ballett", das einem Scherenschnitt auf verschiedenen Ebenen gleicht. Bei anderen Werken hat er etwa die feinen Verästelungen eines Baumes oder einer Feder filigran und detailliert herausgearbeitet. In seinen Skulpturen wurden teilweise Farbglasstäbe aufgeschmolzen: Durch diese Technik wird die Oberfläche vergrößert, um das Licht noch besser einzufangen.

Bis heute lässt sich der Künstler, der sieben Jahre in Paris gelebt und gearbeitet hat, von den Farbfenstern der gotischen Kathedralen inspirieren. Und kirchliche Institutionen sind für ihn sehr wichtige Auftraggeber. Neben Kirchenfenstern gestaltet Mühlenbeck aber auch Glas-Stelen im öffentlichen Raum, die er wegen der Vandalismus-Gefahr zusätzlich mit Panzerglas verkleiden muss. Eine seiner Arbeiten steht beispielsweise im Museum von Reinhold Messner in Südtirol.

Mühlenbecks Kunst ist selten bunt, er beschränkt sich auf wenige Farbtöne, verwendet insbesondere Schwarzlot und Silbergelb wie die Glaskünstler im Mittelalter. Der Hintergrund ist meist ruhig und in sanften Tönen gehalten. Seine Werke berühren und hinterlassen Eindruck beim Betrachter. "Bei Glaskunst wird mit Licht gemalt", erklärte Galeristin Martina Marschall bei der Eröffnung der Ausstellung "Faszination Glas". Für sie hat Mühlenbeck auch mit Leonhard Schlögel zusammengearbeitet und einen Glaskubus für eine Marmorfigur geschaffen, die im Skulpturengarten der Galerie steht. Die Ausstellung ist noch bis 20. August samstags und sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet.

© SZ vom 11.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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