Bernried:Arena und Ikonosthase

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Das Buchheim Museum präsentiert witzige Hinterglasbilder des Feldafinger Künstlers und Sammlers in wilder Mischung mit frommer Volkskunst: So werden Querverweise sichtbar.

Von Katja Sebald, Bernried

Jetzt also auch Bernried. In diesem Herbst haben sich die vier dem Expressionismus verpflichteten Museen im "Blauen Land" erstmals auf ein gemeinsames Thema verständigt - oder besser gesagt auf eine gemeinsame Technik: In Penzberg, Kochel, Murnau und im Buchheim-Museum ist in den kommenden Monaten Hinterglasmalerei zu sehen. Gerade wurde dort die Ausstellung "Nonnenspiegel und Zirkusschweine" mit Hinterglasbildern aus der Sammlung Buchheim eröffnet.

Wie der Titel schon vermuten lässt, besteht die Ausstellung aus zwei grundverschiedenen Teilen: Zum einen war Lothar-Günther Buchheim Sammler volkstümlicher Hinterglasmalerei, wie sie als Votiv- und Andachtsbilder weit verbreitet war. Auch die mit einer Metallschicht hinterlegten sogenannten Nonnenspiegel gehörten dazu: Diese Heiligenbilder durften Klosterschwestern in früheren Zeiten in ihre Zellen hängen - ein richtiger Spiegel hingegen war verboten, denn Eitelkeit galt als Sünde.

Zum anderen hatte aber hatte Buchheim selbst in seiner Werkstatt in Feldafing unmittelbar nach dem Krieg Laubsägearbeiten und Hinterglasbilder angefertigt und verkauft. Hier wie dort gehörten lustige Tiere und bunte Clowns zu seinen bevorzugten Motiven.

Vier Expressionismus-Museen widmen sich in diesem Herbst der Hinterglasmalerei

Der Vortragssaal im Museum verwandele sich mit dieser Ausstellung in "eine Mischung aus Arena und Ikonosthase", sagte Museumsdirektor Daniel J. Schreiber bei der Eröffnung. Für Buchheims eigene Hinterglasmalerei sei es bereits die zweite Wiederentdeckung, denn der Sammler und Künstler hatte sie einst selbst nach vielen Jahren auf dem Dachboden seines Hauses wiedergefunden und sich daran erfreut. "Quasi aus dem Nichts etwas machen und immer wieder Neues erfinden", das sei "doch der Witz", sagte Buchheim einst über seine Hinterglasmalerei.

"Excellente und einmalige Dressuren". (Foto: Georgine Treybal)

Wie sie nun präsentiert werden, nämlich als kurioses Durcheinander von religiöser Volkskunst und Zirkusbildern, daran hätte er wohl seine Freude gehabt. Aber nicht allein die wilde Mischung macht den besonderen Reiz dieser Ausstellung aus, sondern die vielen Querverweise, die sich von den alten Heiligenbildern aus Siebenbürgen, Böhmen, Schlesien, Südtirol und Bayern zu den naiv-fröhlichen Bildern Buchheims - tanzenden Schweinchen, komischen Hühnern und Unterwasserlandschaften - finden lassen. So hatte etwa auch Buchheim in seinem Hinterglaskosmos glitzernde und spiegelnde Metallfolien verarbeitet.

Buchheim selbst hatte ja mit seinen Veröffentlichungen zum "Blauen Reiter" mitgeschrieben an der Gründungslegende einer expressionistischen Avantgarde, die wesentliche Impulse aus der Volkskunst bezogen habe. Eindrücklich beschreibt diese Inspiration auch Gabriele Münter: "Vor allem wies mir die Volkskunst den Weg, namentlich die um den Staffelsee einst blühende bäuerliche Hinterglasmalerei mit ihrer unbekümmerten Formvereinfachung, den starken Farben in dunklen Umrissen."

Und so führt denn auch der Weg von Bernried direkt nach Murnau, wo nicht nur die Bilder von Münter zu sehen sind, sondern es auch in der Dauerausstellung einen ganzen Raum für Hinterglaskunst gibt. Unumstrittener Höhepunkt in der 2010 entstandenen "MuSeenLandschaft Expressionismus" ist in diesem Herbst aber die Ausstellung "Tiefenlicht" im Museum Penzberg, in der noch bis zum 7. Januar in einer Spanne von August Macke bis Gerhard Richter auch die großformatigen Hinterglasbilder der Malerin Juschi Bannaski aus Berg sehr prominent präsentiert werden.

© SZ vom 17.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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