Bernried:Afrika im Kloster

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Erdig: Adjiri Odametey (rechts, an der Kora) spielt mit seinen Musikern. (Foto: Nila Thiel)

Adjiri Odametey und seine Bühnenpartner bringen mit ihrer Weltmusik Stimmung ins altehrwürdige Bernrieder Gemäuer

Von Reinhard Palmer, Bernried

Afrikanische Weltmusik nennt Adjiri Odametey seine musikalischen Richtung. Einerseits ist das nicht ganz richtig, da doch viele seiner Stücke ganz in der afrikanischen Musik seiner Heimat Ghana wurzeln und daher nicht der Mischgattung Weltmusik zuzuordnen sind. Zumindest nicht in der Live-Version ohne die unnötige Background-Elektronik mancher CD-Aufnahmen. Andererseits entwickelte sich schließlich die heutige U-Musik weltweit auf Umwegen über die USA aus der Musik afrikanischer Sklaven. Insofern ist afrikanische Musik per se Musik der Welt. Und in diesem Sinne ging Odameteys Konzert im ausverkauften Barocksaal des Klosters Bernried auch über die Bühne. Schaute man ins Publikum, sah man ein Völkchen, das bunter kaum hätte ausfallen können.

Eine so gelöste und vergnügte Atmosphäre hat das ehrwürdige Gemäuer wohl schon lange nicht mehr erlebt, inklusive lärmender Kinder und Tanzvergnügen. Das pure Leben eben, ohne das die afrikanische Musik wohl irgendwie unvollständig wäre. Sie in bedächtiger Konzertstille zu hören, hätte etwas allzu Steriles, was dieser Musik geradezu zuwiderliefe. Odameteys Musik ist das Gegenteil von Sterilität. Schon wegen der Originalinstrumente hat sie den starken Reiz des Handgemachten, ja eben Unperfekten im positiven Sinne des Wortes. Was dabei besticht, ist vor allem die erdige Wärme des Klangs, angefangen beim diversen Schlagwerk - von vielfältigen Trommeln über Rasseln bis hin zum Balafon, dem kalebassenverstärkten Xylophon. Für die heitere Klangfolie aus meist monoton durchlaufenden Begleitfiguren sorgten indes die Melodieinstrumente wie Kora, die westafrikanische Stegharfe mit der Kalebassenschale als Resonanzkörper, Mbira, das kalimbaähnliche Lamellophon, bisweilen das bereits erwähnte Balafon, aber auch akustische Gitarre. Und letztere überraschend mit einem sehr metallischen Sound, der sich eindringlich gegen die gedämpften Klänge der afrikanischen Originalinstrumente durchsetzte.

Mit melodiösen Figuren konnten aber auch die unterschiedlich gestimmten Schlaginstrumente begleiten oder rein instrumental für fesselnd dialogisierende Einlagen sorgen. Der runde, plastische Ton der Originalinstrumente sorgte dabei für ein im Bauch gefühltes Klangerlebnis. Schade nur, dass die afrikanischen Texte für die meisten Besucher unverständlich blieben. Die tiefe, samtig-soulige Stimme Odameteys vermag zwar ausdrucksstarke Lautpoesie zu entwickeln und mit ihrer besonderen Klangmagie zu verzaubern, doch liegt im Wesen der afrikanischen Lieder das erzählerische Element. Auch in Odameteys Schöpfungen dürfte es sich um Geschichten handeln, die gewiss weit mehr von der afrikanischen Seele verraten, als es die Musik alleine schon tut. Sinngemäße Titelübersetzungen wie "Don't worry, everything will be Okay", "Word", "The invisible man" oder "Religion" gereichten lediglich zu vagen Vermutungen.

Adjiri Odametey spielt in der Regel für die CD-Veröffentlichungen alle Instrumente selbst ein. Live begleiten ihn meist - wie hier in Bernried - zumindest zwei Schlagwerker und Sänger, die Odametey zwar im Applaushagel nannte, die aber ansonsten nirgends und niemals namentlich aufgeführt werden. Das verwundert schon, sind beide doch vielseitige, gewandte Musiker, die Odametey zuverlässig und mit großartigem Gespür fürs richtige Maß in Szene setzten. Diese Stimmigkeit im Ganzen war zweifelsohne auch die große Stärke des Trios, neben der ansteckenden Hinhabe, die dem Auftritt so etwas wie ein Zertifikat der Authentizität ausstellte. Erst recht, wenn die musikalische Dramaturgie - bisweilen mit zuvor geprobten Chören aus dem Publikum - zu fulminanten, ja ekstatischen Höhenflügen ansetzte. Begeisterter Applaus und zwei ausgedehnte Zugaben.

© SZ vom 26.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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