Ausstellung:Welle aus Stahl

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Der Meister und sein einstiger Schüler: Georg Bernhard (links) und Willi Weiner hinter einer hängenden Landschaftsskulptur. (Foto: Arlet Ulfers)

Der Maler Georg Bernhard und sein einstiger Schüler, Bildhauer Willi Weiner, stellen in Gauting aus

Von Katja Sebald, Gauting

Der Maler und Zeichner Georg Bernhard und der Bildhauer Willi Weiner sind Lehrer und Schüler, was man auf den ersten Blick sicherlich nicht vermuten würde. Man muss schon genau hinschauen, um etwa in der formalen wie thematischen Stringenz dieser so unterschiedlichen Künstler Gemeinsamkeiten zu entdecken. Unter dem Titel "Figürlich - Metaphorisch" stellen die beiden derzeit in der Remise von Schloss Fußberg in Gauting aus.

Georg Bernhard wurde 1929 in Augsburg geboren. Nach einer Ausbildung an der Kunstschule Augsburg, die von einem Kriegseinsatz unterbrochen wurde, studierte er ab 1948 an der Akademie der Bildenden Künste in München bei Hermann Kaspar. An der Fachhochschule Augsburg hatte er von 1971 bis 1991 im Fachbereich Gestaltung eine Professur inne. Er erhielt zahlreiche Wettbewerbspreise für Kunst am Bau, seine Arbeiten waren vielfach in Ausstellungen zu sehen. Für sein künstlerisches Schaffen wurde er unter anderem mit dem Kunstpreis der Stadt Augsburg, dem Kunstpreis des Bezirks Schwaben und schließlich mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.

Zurückhaltend, beinahe wie freigelegte Fragmente von Wandmalereien wirken die Bilder von Georg Bernhard auf dem morbiden Mauerwerk der Remise. Figürliche Darstellungen, vor allem aber Themen aus der antiken Mythologie bestimmen seit vielen Jahren sein Werk, das malerische und grafische Techniken verbindet. In Gauting zeigt der 87-jährige noch einmal eine Reihe von Zeichnungen, die im vergangenen Jahr im Fritz-Winter-Atelier zu sehen waren: Es sind tanzende oder geradezu schwebende Figuren, die er mit seiner Rohrfeder gleichsam seziert, indem er ihre Körperformen zu einem Geflecht aus Linien auflöst, als ob er ihr Innerstes sichtbar machen wollte.

Gleichzeitig entsteht durch diese vibrierenden Liniennetze die Illusion von Bewegung und Interaktion zwischen den Figuren. Besonders eindrucksvoll wirkt dies, wenn sich bei den mit "Totentanz" überschriebenen Zeichnungen eine Figur wie ein Schatten über die andere legt. Ein ganz besonderer Reiz geht von diesem subtilen Spiel zwischen Linie und Fläche aus.

Was für die Zeichnungen und Farbradierungen gilt, zeigt sich auch auf der Leinwand, wenn er auf dem aufwendig vorbereiteten Malgrund mit einer Rohrfeder sorgfältig und in geradezu meditativer Ruhe feine Linien in Sepia- und Grautönen aufbringt. Fast scheint es, als lege der Künstler Verschüttetes und Vergessenes frei, als wäre er ein Archäologe der Erinnerungen und könnte sichtbar machen, was dem Auge sonst verborgen bliebe.

Raumbestimmend freilich sind in dieser Ausstellung die ungewöhnlichen Stahlplastiken von Willi Weiner, vor denen sich auch Bernhard mit einer Federzeichnung respektvoll verneigt. Ungewöhnlich für einen Bildhauer ist vor allem das Thema Landschaft, aber allein durch die Verarbeitung von Cortenstahl zu dünnwandigen Hohlkörpern ergeben sich überraschende Seherfahrungen.

Neben hoch aufragenden schlanken Vasen, Amphoren, Säulen, übereinander balancierenden oder gleichsam sprießenden Formen, die man auch als Pflanzen oder sogar als Figuren deuten könnte - Willi Weiner selbst fasst mögliche Assoziationen in der Arbeit "Gefäß und Geste" zusammen - gibt es auch Wassertürme, Wasserlöcher, Pfützen, Wellen, Inseln und Grotten, wobei die Wasserfläche immer durch eine extrem glatte Lackschicht dargestellt ist.

Der Kontrast aus sich wölbendem oder sich zu einer Klamm öffnenden, kantigen, aufragenden oder geschwungenen Flächen aus rostigem Stahl, der seine Schweißnähte wie Wunden zeigt, und diesen seegrünen, meerblauen, türkis schillernden oder blauschwarz glänzenden, in jedem Fall aber ebenso anziehenden wie abweisenden Lackflächen verleiht diesen Plastiken von Weiner ihren unverwechselbaren Reiz.

Willi Weiner, geboren 1954 in Zusmarshausen, absolvierte 1976 die Fachhochschule für Gestaltung in Augsburg. Verschiedene Auszeichnungen und Stipendien, unter anderem der Villa-Romana-Preis, ermöglichten ihm längere Arbeitsaufenthalte in Italien, Paris und Japan. Von 2006 bis 2008 arbeitete er in Jütland, Barbados, in der Bretagne und auf Rügen an einem Bildzyklus zu Gedichten von Hilde Domin, heute lebt er in Stuttgart und in Ungarn.

Die Ausstellung "Figürlich - Metaphorisch" von Georg Bernhard und Willi Weiner ist noch bis zum Dienstag, 3. Oktober, am Wochenende und am Feiertag von 11 bis 18 Uhr und am Montag von 15 bis 18 Uhr zu sehen.

© SZ vom 30.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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