Ausstellung:Unter die Haut

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Der Maler Georg Bernhard zeigt in seiner Ausstellung "Geflügelte Wesen" im Dießener Fritz-Winter-Atelier Arbeiten aus den vergangenen zehn Jahren

Von Katja Sebald, Dießen

In der Galerie im Fritz-Winter-Atelier sind noch bis Ende Mai die "Geflügelten Wesen" des Künstlers Georg Bernhard zu sehen. Als "begnadeter Maler und Zeichner" kündigt ihn schon die Einladungskarte an, zu sehen seien Arbeiten "aus den vergangenen zwei Jahren" - was bei einem 87-jährigen Künstler durchaus beachtlich wäre.

Tatsächlich entpuppen sich die knapp fünfzig Arbeiten auf Papier und Leinwand als eine Auswahl aus den letzten zehn Jahren, und bei weitem nicht alle zeigen die titelgebenden "Geflügelten Wesen". Dem Reiz der Ausstellung tut das allerdings keinen Abbruch: Das Werk von Georg Bernhard, das malerische und grafische Techniken vereint, ist ungewöhnlich geschlossen und kreist seit vielen Jahren um Themen aus der antiken Mythologie. Im Mittelpunkt seines Interesses steht die menschliche Figur, die er als Stereotype wiederholt. Er löst jedoch die Körperformen in ein Geflecht aus Linien auf, als könnte er den Menschen unter die Haut blicken, ihr Skelett, ihre Organe und ihre Adern sehen. Mit dem so entstehenden, gleichsam vibrierenden Liniennetz erzeugt er zudem die Illusion von Bewegung und Interaktion zwischen den Figuren. Zeichenhafte Elemente, die sich wie ein Schatten über die Figuren legen, eine Sphinx etwa oder ein Kentaur, verweisen auf die antike Mythologie.

Zu den Flügelwesen gehören in Dießen auch die Siegesgöttin Nike und der unglückliche Ikarus. Vor allem aber geht es um einen Zyklus von großformatigen Zeichnungen auf altem Büttenpapier, der mit "Tanz der Engel" überschrieben ist. "Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar", schrieb Paul Klee, der wohl die poetischsten Engelszeichnungen der Kunstgeschichte hinterlassen hat. Man könnte die Engelsdarstellungen von Georg Bernhard beinahe als Illustrationen zu diesem Klee-Zitat interpretieren, denn die Engelskleider legen sich wie ein hauchzarter und schattengleicher Flügelschlag über seine Figuren und sind erst auf den zweiten Blick zu erkennen: Fast scheint es, als wollte der Künstler die Seele des Menschen sichtbar machen.

Georg Bernhards "Sphinx (II)". (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Leichtigkeit und Schwere liegen in den Bildern von Georg Bernhard nebeneinander. Auf der vielschichtig abgetönten und mit Strukturmaterialien vorbereiteten Leinwand bringt er mit einer Rohrfeder feine Linien in Sepia- und Grautönen auf. Diese mit Sicherheit extrem zeitaufwendige Vorgehensweise bezeichnet der Künstler selbst als "Meditation", er habe "unendliche Geduld". Die Geduld des Zeichners und seine meditative Ruhe ist diesen ungewöhnlichen Bildern, die ohne jegliche Effekthascherei auskommen, anzusehen.

Georg Bernhard wurde 1929 in Augsburg geboren, und im Augsburger Raum hat er auch ein umfängliches Werk geschaffen. Nach einer Ausbildung an der Kunstschule Augsburg, die von einem Kriegseinsatz unterbrochen wurde, studierte er ab 1948 an der Akademie der Bildenden Künste in München bei Hermann Kaspar. In der Nachkriegszeit gestaltete er unter anderem etwa 60 Kirchen in der Diözese Augsburg aus, wobei er auch Wandmalereien, Glasfenster, Mosaike und liturgisches Gerät fertigte. An der Fachhochschule Augsburg hatte er im Fachbereich Gestaltung eine Professur inne. Er erhielt zahlreiche Wettbewerbspreise für Kunst am Bau, seine Arbeiten waren vielfach in Ausstellungen zu sehen. Für sein künstlerisches Schaffen wurde er unter anderem mit den Kunstpreisen der Stadt Augsburg und des Bezirks Schwaben sowie dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.

Extrem zeitaufwendige Technik: "Daedalus und Ikarus'". (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Bis 29. Mai, Donnerstag bis Samstag 14 bis 18 Uhr, sonntags 11 bis 18 Uhr.

© SZ vom 26.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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