Ausstellung:Mit dem Comic fängt es an

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Frederic Dieter Stein hat für das Satiremagazin "MAD" gezeichnet. Jetzt zeigt er im Gautinger Rathaus eine große Retrospektive mit Arbeiten aus vier Jahrzehnten

Von Katja Sebald, Gauting

Was waren das Zeiten, als Helmut Kohl und Horst Tappert jung waren. Auch Thomas Gottschalk und Boris Becker waren mal jung. Und auch Dieter Stein war damals jung: Im Fernsehen liefen Lindenstraße und Schwarzwaldklinik, und er zeichnete für das Satiremagazin "MAD" Parodien mit dem Titel "Blindenstraße" und "Schmalzweltklinik". Auch Paola und Felix mit ihrer "verdreckten Kamera" und Kommissar "Schimpanski" im "Fadort" spießte er mit spitzer Feder auf. Von diesen großen Zeiten zehrt der ehemalige Comiczeichner, der sich mittlerweile Frederic Dieter Stein nennt, noch immer. Jetzt zeigt er auf Einladung des Gautinger Kunstvereins im Rathaus seines Wohnorts eine große Retrospektive mit Arbeiten aus vier Jahrzehnten.

"Museum Ludwig" und "Pigalle" heißen die Werke des Gautinger Kunstpreisträger Frederic Dieter Stein. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Anfang der Achtziger Jahre schrieb und zeichnete der 1955 in Duisburg geborene Stein Geschichten für das Comicheft "Fix & Foxi", danach wechselte er zur deutschen Ausgabe von "MAD", für das er regelmäßig in den Jahren 1981 bis 1988 unter dem Chefredakteur Herbert Feuerstein Beiträge erstellte. Den spannendsten Teil der Ausstellung und zugleich ein kleines Stück Zeitgeschichte bilden unbestritten die Collagen mit Originalzeichnungen und maschinengeschriebener Korrespondenz zur Entstehung von Steins Comicgeschichten für "MAD". Auch an der Gestaltung des Brettspiels "Spion & Spion" war er 1988 beteiligt. In einer Vitrine stellt er als Dokumentation seine Zeichnungen und das "Originalzubehör" für diese Arbeit aus. Neben Tuschefläschchen und Pinseln gehören auch eine zerknitterte Schachtel blaue "Gauloises" und ein Feuerzeug dazu.

"Anstich" nennt der Maler seine Wirtshausszene. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Heutzutage arbeitet Stein als Maler und Illustrator. Sein ganzes Leben lang habe er gemalt und gezeichnet, sagt er, auch gegen vorherrschende Kunsttrends. Er habe sich alles rein autodidaktisch beigebracht. An der Münchner Akademie wurde er nicht angenommen, erzählte er einmal in einem Interview. Mittlerweile aber lebe er ausschließlich von seiner Malerei. Weil das nicht immer so war, habe er, um möglichst nahe am Fach zu bleiben, zusätzlich als freier Illustrator für Printmedien und Werbeagenturen gearbeitet und sei in diesem Kontext zu "MAD" gestoßen. Er betont: "Gleichwohl habe ich mich niemals als Comiczeichner bezeichnet." Seine Malerei entsteht nun - meist in Öl oder Acryl auf Leinwand - nach fotografischen Vorlagen. Er setzt Schnappschüsse aus dem Urlaub in Griechenland, vom Swimmingpool, aus dem Flughafenbus, aus der Münchner U-Bahn, vom Golfplatz oder von einem Bierzeltbesuch im großen Format und mit der Fingerfertigkeit des geübten Zeichners um. Diese plakativen Bilder will Stein als "gemalte Sozialstudien in dokumentarischem Realismus" verstanden wissen. In seinem früheren Leben als Comiczeichner war er deutlich besser.

Die Ausstellung "BildGeschichten" von Frederic Dieter Stein ist bis Samstag, 7. Juli, zu sehen.

© SZ vom 18.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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