"Ascherdonnerstag" in Starnberg:Düstere Aussichten für die CSU

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Der frühere BR-Chefredakteur Sigmund Gottlieb ist zu Gast bei der Kreis-CSU und prophezeit der Partei ein mieses Ergebnis bei der Landtagswahl.

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Starnberg

Auch wenn die Starnberger CSU den traditionellen politischen Aschermittwoch erst am Donnerstag gefeiert hat - über einen Mangel an Interesse konnte sie sich nicht beklagen. Der Nebenraum im Tutzinger Hof reichte nicht aus, zahlreiche Mitglieder mussten auf den zweiten Nebenraum ausweichen und mit der Rückenansicht von Gastredner Sigmund Gottlieb vorliebnehmen. Der ehemalige Chefredakteur des Bayerischen Rundfunks analysierte die Parteienlandschaft in Deutschland mit Blick auf die Groko und die anstehenden Landtagswahlen in Bayern. Die Kommunalpolitik wurde ausgespart. Sie wurde weder von dem Ortsvorsitzenden Stefan Frey erwähnt, noch von den Mitgliedern.

Während seiner mehr als einstündigen Rede prognostizierte Gottlieb den Niedergang der Volksparteien, auch in Bayern. Zwar versuche der designierte Ministerpräsident Markus Söder Vertrauen zurückzugewinnen, doch die CSU sei zersplittert. Das Ergebnis der CSU bei den Landtagswahlen werde noch schlechter ausfallen als 2007 unter dem damaligen Ministerpräsidenten Günther Beckstein. Die CSU werde auf jeden Fall eine Koalition eingehen müssen, entweder mit den Freien Wählern oder mit der FDP, sagte Gottlieb, der seit 2005 Honorarprofessor für Journalismus an der Hochschule Amberg-Weiden ist und einen Lehrauftrag an der Uni Passau hat.

Die aktuelle Bundespolitik beurteilte der Fernsehmoderator skeptisch. Der Wähler erahne "eine gewisse Überforderung" der Politiker. Er verstehe auch die Sorgen der SPD, sagte Gottlieb. "Wer mit Angela Merkel ins Bett geht, erstickt darin."

Wenn die Parteispitze in den kommenden drei Wochen aber nicht noch größeren Schrecken verbreite, wird die Groko seiner Ansicht nach kommen. "Doch diesem Neuanfang wohnt kein Zauber inne - es ist eine Koalition der Ausgelaugten." Es gebe keine Begeisterung, keine Aufbruchstimmung. Die Legislaturperiode mit Bundeskanzlerin Angela Merkel wird laut Gottlieb keine vier Jahre halten. Im Koalitionsvertrag sei bereits eine "Sollbruchstelle" eingebaut; denn nach zwei Jahren soll alles überprüft werden. Große Chancen als Nachfolgerin Merkels sieht Gottlieb für die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer.

Sorgen macht dem ehemaligen Polit-Journalisten, dass die AfD stärkste Oppositionspartei sein wird. Er hoffe, dass ihr Stil abschrecke und sie sich dadurch selbst überflüssig mache. Seiner Meinung nach wird die FDP in der Opposition gewinnen. Die Grünen werden unter Robert Habeck "kretschmannisiert" und der FDP Konkurrenz machen.

Die Groko in ihrer jetzigen Form sei unerträglich, urteilte ein Besucher. Auch die Zersplitterung der Parteien wurde kritisiert und die Bürgerinitiativen, die demokratische Entscheidungen im Sinne der Bürger hintertreiben würden. "Keine Partei hat Visionen", monierte Wolfgang Zeitler aus Pöcking. Er vermisse ein verbessertes Steuer- und Gesellschaftsrecht. "Das können Sie sich die nächsten vier Jahre abschminken", antwortete Gottlieb.

Großen Raum gab der Fernsehmoderator dem Thema Medien und Fake News ("Sie lügen nicht, denn das würde Absicht voraussetzen"). Allerdings könne die Digitalisierung mit ihrem Geschwindigkeitsrausch zu Fehlinformationen führen. Von den Besuchern gab es Medienschelte, aber auch Lob.

© SZ vom 17.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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