Artenschutz:Tödliche Falle für Kröten

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Tierschützer kritisieren Amphibiendurchlässe an Weßlings Umfahrung als Fehlkonstruktion.

Von Patrizia Steipe, Weßling

Sie ist 1,8 Kilometer lang und hat 42 Durchlässe, die Amphibienschutzanlage an der neuen Weßlinger Umfahrung. Ihrem Namen wird die insgesamt 1,4 Millionen Euro teure Einrichtung aber nicht gerecht. Im Gegenteil: "Das ist eine Todesfalle", kritisierte Daniela Brombach in einer Veranstaltung des Weßlinger Bunds Naturschutz (BN). Die Tierschützerin aus Wörthsee kümmert sich seit Jahren um Amphibien. Sie hat vor allem die Auswirkungen der Weßlinger Schutzanlage begleitet und dokumentiert.

Es ist eine Aufzählung von Versäumnissen und Fehlkonstruktionen mit tödlichen Folgen für die Amphibien, die eigentlich geschützt werden sollen. Kritik an der Anlage hatte es von vielen Naturschützern bereits vor einem Jahr gegeben. Doch viel geändert hat sich seither nicht, obwohl den zuständigen Behörden das Problem offenbar bewusst ist, wie auch Brombach berichtet. Dabei drängt die Zeit. Bereits in den nächsten Tagen rechnet die Tierschützerin mit dem Beginn der Krötenwanderung. Diese beginnt bei fünf bis sieben Grad Außentemperatur. Anfang Juni kommen dann die "Rückläufer" nach dem Ablaichen im Schluifelder Moos wieder zurück. Dann könnte sich dasselbe Trauerspiel ereignen wie im Vorjahr. Viele Durchlässe sind mit Wasser vollgelaufen: "Durchlass vier und fünf stehen komplett unter Wasser, Durchlass sechs ist nicht passierbar, Wasser auch südlich der Grünsinker Straße, selbst die Westseite steht unter Wasser. . .", hat Brombach unter die Fotos vom Januar 2018 geschrieben, die auch auf ihrem Blog (www.amphibien-news.de) stehen. Doch nicht nur das: "Alle Durchlässe nördlich der Grünsinker Straße sind alkalisch, teilweise auch südlich der Grünsinker Straße". Für Amphibien absolut giftig, wie sie sagt. Ein alkalischer Belag finde sich auch auf der "Laufsohle" aus Beton, auf der die Tiere entlang wanderten. Hier vertrockneten und verätzten Molche und andere Lurche regelrecht. Besonders grausam sei es bei höheren Temperaturen im Sommer. Dann klebten die Tiere am Beton fest: "Die Jungfrösche springen an die Betonwand und bleiben daran pappen", so Brombach. Manchmal löse sich die Haut vom Tierkörper. Hunderte Tiere seien so schon elendiglich verendet. Einzelne Tiere habe sie retten können, indem sie sie immer wieder benässt habe, "aber wenn 30 Tiere da kleben, dann geht das nicht mehr". Das Festkleben der Tiere hätten die Verantwortlichen übrigens als ausschließlich Weßlinger Phänomen bezeichnet. Dagmar Hoppe, Krötenretterin aus Wörthsee, wies diese Aussage zurück. "Das Thema ist seit 20 Jahren bekannt. Jede Anlage aus Beton hat dieses Problem". Eine kurze Strecke von 150 Metern sei immerhin bereits probeweise mit einem amphibienfreundlichen Anstrich behandelt worden und auch die Laufsohlen sollen abgekratzt und gewaschen werden.

An der Anlage gibt es noch weitere Schwachstellen. Mal waren die Durchlässe mit Blättern oder Müll verstopft, dann war die Steigung zu steil für die Tiere oder die Flächen waren mit großen Steinen begrenzt. "Es handelt sich doch nicht um Gämsen, wie sollen die Kröten denn da rüber?", wunderte sich Brombach. Auch würden sich die Amphibien nicht durch die dunklen, kalten Röhren wagen.

Im Winter verschlimmert das Streusalz die Situation zusätzlich. Bis die Anlage so nachgebessert worden ist, müssten die bekannten mobilen Krötenzäune errichtet und Helfer zum Sammeln gefunden werden. "Das Straßenbauamt muss Leute schicken", fand Brombach. Eine Klage gegen die Behörde, das mit seiner Anlage gegen Tierschutzgesetze verstößt, wird vom Bund Naturschutz Landesverband bereits vorbereitet. Christian Probst vom Straßenbauamt Weilheim hat unterdessen auf Anfrage der SZ zugesichert, rechtzeitig nachzubessern, "damit die Kröten sicher wandern können".

© SZ vom 21.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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