April-Wetter:Gartenbesitzer sorgen sich um Obsternte

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Bei Minusgraden können die empfindlichen Knospen erfrieren. "Frostnächte bis Mitte Mai sind bei uns aber normal", sagt Jürgen Ehrhardt, der Kreisfachberater für Gartenbau. Die Bauern sind indes nach dem langen, zu trockenen Winter froh über den Niederschlag

Von Armin Greune, Starnberg

Fröste lassen jetzt die Gartenbesitzer zittern: Bis Minus fünf Grad sollen im Fünfseenland die Temperaturen in den Nächten auf Donnerstag und Freitag sinken, Obstbaumblüten drohen zu erfrieren. Zumal das Frühjahr heuer zeitig begonnen hat und die Natur bis Ostern der üblichen jahreszeitlichen Entwicklung im Alpenvorland um zwei Wochen voraus war. In geschützten Lagen hatte nach der Kirsch- bereits die Apfelblüte eingesetzt. Sie könnte jetzt abrupt abgewürgt werden, entsprechende Ernteeinbußen wären die Folge.

"Heuer schaut es bitterböse aus", fürchtet etwa Rupert Monn. Der Berger Bürgermeister zieht am Haus zwei Pfirsich- und ein Aprikosenbäumchen hoch, die im vergangenen Sommer auch Früchte trugen. Nun hat er zwei der kälteempfindlichen Gewächse mit Vlies verhängt - "aber es könnte sein, dass selbst abdecken nichts hilft." Pfirsiche und Aprikosen seien "typisch südliche Gewächse" und besonders frostempfindlich, sagt Jürgen Ehrhardt, Kreisfachberater für Gartenbau am Starnberger Landratsamt. Bei der hier häufigsten Obstsorte hänge die Reaktion vor allem von der Sorte ab: "Die Apfelbäume sind gerade unterschiedlich weit entwickelt." Haben sich die Knospen bereits geöffnet, liegen die Fruchtknoten frei. Sie erfrieren besonders leicht, was dann an einer braunen Verfärbung sichtbar wird. "Wenn die Befruchtung schon stattgefunden hat, wirkt sich der Frost weniger kritisch aus", sagt Ehrhardt.

Aber auch wenn die Blüten noch nicht geöffnet sind, könnten noch Ertragsverluste eintreten, denn bei der derzeitigen Witterung seien keine Befruchter mehr unterwegs. So haben auch die Bienen ihre Freiluftaktivitäten eingestellt. Dabei hatte das Frühjahr aus Sicht der Imker nach hohen Verlusten im Winter vielversprechend angefangen: Mit der Weidenblüte hatten die Völker schon vor vier Wochen mit der Brut begonnen. Manfred Hederer aus Utting, Präsident des Deutschen Berufs- und Erwerbsimkerbundes, ist besorgt, dass die Tiere nun ihre Brut aus den Bienenstöcken werfen, weil der Nachwuchs nicht mehr ernährt werden kann. Erst ab zwölf Grad schwärmen die Bienen wieder aus. Wenn sich die Erwärmung weiter verzögert, bestehe die Gefahr, dass die Bienen zu spät kommen, um etwa den Löwenzahnpollen vor der Mahd einzusammeln. Und die Bestäubung der Obstbäume könnte "stümperhaft oder ganz ausfallen", sagt Hederer.

Aus Sicht des einzigen Erwerbsobstbauers im Fünfseenland ist die derzeitige Lage allerdings noch nicht bedrohlich. "Der Schaden hält sich vorerst in Grenzen", sagt Timo Friesland, Geschäftsführer der Ammersee Obstbau GmbH in Herrsching: "Bislang haben sich nur vereinzelt Knospen geöffnet". Auf den etwa 60 Hektar von der Firma bewirtschafteten Flächen wachsen neben frostresistenten Holunder- und Johannisbeersträuchern vor allem eher spät blühende Apfelsorten wie "Hilde" und "Rewena". Die seien zwar "relativ ertragsarm, aber dafür auch ein bisschen robuster".

Der Berger Bürgermeister Rupert Monn betrachtet die Aprikosenbäumchen in seinem Garten in Höhenrain mit Sorge. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Dennoch habe man 2016 auch wegen der Frostnächte Ende April nur ein Viertel der Vorjahresernte eingefahren, sagt Friesland. Der Ertrag ging freilich auch stark zurück, weil auf ein gutes immer ein schlechtes Apfeljahr folge. Während Obstbauern am Bodensee oder in Südtirol mit Beregnungsanlagen oder gar Warmluftgebläsen arbeiten, um ein Erfrieren der Blüten zu verhindern, fehle es dafür bei Ammersee Obstbau schon an den technischen Voraussetzungen. "Wir vertrauen auf die Natur, den Kampf gegen sie werden wir nicht gewinnen", sagt Friesland.

Für die Landwirte ist der derzeitige Temperaturrückgang meist kein Problem. "Nur wer vielleicht schon Frühkartoffeln gelegt oder Zuckerrüben ausgesät hat, kann Probleme mit dem Frost bekommen", sagt Georg Zankl, Kreisobmann im Bauernverband. Die meisten Kollegen aber wären vor allem erleichtert, dass die Böden nach langer Durststrecke endlich wieder durchfeuchtet werden: "Die Felder und noch mehr die Wälder hatten Niederschläge dringend nötig".

Die Trockenheit, die über den gesamten Winter und den März lang herrschte, habe auch der frühen Erwärmung entgegen gewirkt und die Entwicklung der Pflanzen gebremst, sagt auch Ehrhardt. Mit Frost müsse man im Fünfseenland trotz der Klimaerwärmung bis zu den Eisheiligen Mitte Mai rechnen, die Natur sei also darauf eingerichtet. "Selbst erfrorene junge Triebe können später noch ersetzt werden," sagt der Fachberater; wenn sich etwa Magnolienblüten bei Frost braun verfärben, sei dies "nur ein ästhetisches Problem". Richtig dramatisch sei der Kälteeinbruch aber auch "für die Gärtner, die schon die ganze Zeit im T-Shirt draußen gewerkelt haben", scherzt Ehrhardt.

© SZ vom 20.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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