Andechs:Liebe, Drama, Mord

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Die Carl-Orff-Festspiele Andechs setzen abermals auf "Die Bernauerin" und die Hauptdarsteller der Neuproduktion von 2012. Regisseur Everding rückt diesmal aber die Machtstrukturen in den Fokus.

Armin Greune

Andechs, Carl Orff Festspiele, Die Bernauerin; Service Andechs, Carl Orff Festspiele, Die Bernauerin: Musikalische Leitung: Christian von GehrenâĨInszenierung: Marcus EverdingâĨBühne und Kostüme: Thomas Pekny, Orchester der Andechser ORFF®-Akademie des Münchner Rundfunkorchesters, Andechser Festspielchor; Bernauerin (Foto: Stefan A. Schuhbauer - v. Jena)

Seit Wochen wird intensiv geprobt, an diesem Freitag ist Premiere: Wie schon im Vorjahr steht "Die Bernauerin" auch heuer im Zentrum der Carl-Orff-Festspiele in Andechs. Was sicher damit zu erklären ist, dass dieses "bairische Stück", wie es Orff nannte, vielleicht sein populärstes Werk ist - weniger Oper als dramatisches Welttheater um eine tödlich endende Liebe. Aber die Geschichte der Augsburger Baderstochter ist auch enger mit dem Heiligen Berg verbunden als alle anderen Werke Orffs: Als Herzog Albrecht 1455 das Kloster gründete, soll dies aus Sühne geschehen sein für das Unrecht, das sein Vater der Agnes Bernauer angedeihen ließ.

Was 2012 als Neuproduktion für Aufsehen sorgte, findet heuer im Florian-Stadl eine mit Spannung erwartete Fortsetzung. In der Besetzung finden sich neue Gesichter, doch die Hauptrollen bleiben unverändert: Katharina Kram spielt die Agnes, Florian Fisch, im Landkreis vor allem durch seine Theaterarbeit mit dem Puchheimer Schaukasten bekannt, den Albrecht. Für Kostüme und Bühnenbild zeichnet Thomas Pekny verantwortlich - wie bereits im Jahr 2000 bei der Bernauerin-Inszenierung von Hellmuth Matiasek in Andechs.

Die einzige Solo-Gesangsrolle übernimmt erneut die Sopranistin Bele Kumberger. Die musikalische Leitung liegt wieder in den Händen von Christian von Gehren, doch die Umsetzung übernimmt nun anstelle der Andechser Orff-Akademie des Münchner Rundfunkorchesters das Orchester der Carl-Orff-Festspiele Andechs mit Musikern, die jedes Jahr an den Heiligen Berg zurückkehren. "Gerade wenn wir ein Stück mehrere Jahre lang spielen, haben wir die Chance, ihm neue Seiten abzugewinnen", sagt Dirigent von Gehren. Und auch der Festspielchor gehorcht dem Credo "aus dem Kontinuum ein Novum schaffen". Unter der Ägide von Christian Meister arbeiten neue Mitsänger und -sängerinnen neben bewährten Kräften, die sich schon seit Jahren Orffs Werk widmen. Eines aber ist ihnen allen gemeinsam: Sie sind gemäß der nun 15-jährigen Tradition der Festspiele durchwegs Laien - frei nach Orffs Ausspruch: "In jedem steckt ein Künstler, man muss ihn nur erwecken".

Der künstlerische Leiter Marcus Everding sieht in der Geschichte der Bernauerin einen klassischen Justizmord und fasst sie durchaus auch als politisches Lehrstück auf. Everding scheut sich nicht, Parallelen zu einem weiteren berühmten Augsburger zu ziehen und die Agnes neben "Mutter Courage" zu stellen: Bei Brecht wie Orff stehen häufig starke Frauen ebenso wie Machtstrukturen im Blickpunkt. Die Bernauerin legt die Grundkonflikte zwischen Mann und Frau offen, wird Orffs Wunsch nach "magischen Bildern" gerecht. Das Stück bietet Eros und Mord, filigranes Schauspiel und wuchtiges Spektakel mit mächtigen Chor- und Orchestereinsätzen. Für experimentelles Regietheater eigne sich der Stoff allerdings nicht, findet Everding: "Ich will mit meinen Festspielen die Leute erreichen. Nach der Vorstellung sollen sie in Andechs nicht zuerst ans Bier denken, sondern diskutieren." Und doch folgt seine Inszenierung neuen Ansätzen: "Holt den Carl Orff aus der Lederhose", fordert er. Wie sich das mit den Vorstellungen des Komponisten vom "bairischen Stück" verträgt, darüber wird von Freitagnacht an wieder nicht nur auf dem Heiligen Berg heftig debattiert werden.

Carl Orffs "Die Bernauerin" wird vom 21. bis 23. Juni und bom 28. bis 30. Juni im Florian-Stadl in Andechs aufgeführt; Beginn ist Freitag und Samstag um 19 Uhr, Sonntag um 16 Uhr; Karten bei München Ticket und unter Telefon 08152/37 64 00.

© SZ vom 20.06.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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