Stadtteilwoche Berg am Laim:Schaltstellen

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Bei der Stadtteilwoche begeben sich ganz unterschiedliche Menschen miteinander auf Entdeckungsreise durch ihr Stadtviertel. Daraus werden zwei Stunden der Begegnung mit vielen Dialogen

Von Nicole Graner, Berg am Laim

Valid hat sich schick gemacht. In einem weißem Hemd erzählt er, dass er lange nach einer Wohnung gesucht und keine gefunden hat. Valid erzählt von seiner Heimat Syrien, von Damaskus - und dass die Sprache das Wichtigste sei, um sich gut integrieren zu können. Der 23-Jährige spricht sehr gut deutsch, arbeitet in einem Architekturbüro als technischer Zeichner, lebt im Wohnprojekt Berg-am-Laim-Straße, in dem fast 300 Geflüchtete ein Zuhause gefunden haben. Ein älteres Ehepaar hört ihm zu. Man kommt ins Gespräch, tauscht sich aus, lacht miteinander. Javid aus Afghanistan, 25, trägt seine Gedanken vor, die er sich über die Menschen in seiner neuen Heimat gemacht hat. Und wieder angeregte Gespräche. Mit dem Dialog also beginnt die im Programm zur Stadtteilwoche angekündigte "Entdeckungsreise" durch das Viertel.

Zwerge auf Stelzen locken Kinder ins Märchenland. (Foto: Fotos: Catherina Hess)

Karnik Gregorian hat es von Anfang an gesagt: "Das ist kein Stadtteilspaziergang, sondern eine Performance, in der das Publikum miteinbezogen wird." Er hat recht. Auch wenn das Wort Performance gar nicht das ausdrückt, was bei "Inside Berg am Laim" eigentlich passiert. Bei diesem Weg durch Berg am Laim geht es in erster Linie um junge Menschen, die den anderen erzählen, warum sie hier leben, welche Schicksale sie in das Stadtviertel geführt hat. Es geht um Orte, die Menschen mit ihrem alltäglichen Leben verbinden und - das ist Initiator und Regisseur Gregorian das Allerwichtigste - um die Wahrnehmung des Anderen. Und immer wieder um die Belebung des Miteinanders.

Die Kinder der Clownschule auf dem Festplatz an der St.-Veit-Straße warten auf ihren großen Auftritt. (Foto: Catherina Hess)

So ist die Trambahn-Haltestelle Baumkirchner Straße für den 16-jährigen Simon aus Afghanistan der Treffpunkt und die symbolische Schaltstelle, sich in München zu vernetzen. Für Claudia Kießling (15), die in Berg am Laim lebt und die Mischung aus dörflichem und städtischem Flair sehr liebt, sind es die Gleise. Dort, wo einst das Antik-Center stand, trifft sie sich am liebsten mit ihren Freunden nach der Schule. Auch wenn es in der Nähe ein leer stehendes Haus gibt, wie sie erzählt, vor denen es die Schüler auch "manchmal grusele". Viel Zeit verbringt sie auch in den Parks. "Langweilig ist es in Berg am Laim keinesfalls", sagt sie.

Eine Gruppe mit Karnik Gregorian (links) auf einer Entdeckungsreise durch das Stadtviertel - zu geliebten Orten und Treffpunkten. (Foto: Catherina Hess)

Drei Schüler der neunten Klasse des Michaeli-Gymnasiums führen die Gruppe an das Mahnmal, das an das Sammellager Berg am Laim für Juden in München zwischen 1941 und 1943 erinnert. Mit diesem Ort habe man sich in der Schule intensiv beschäftigt, er habe etwas ihnen ausgelöst: die Beschäftigung mit Politik, das Hinterfragen von Zusammenhängen. Und einen Wunsch geboren: Dass man den Ort rund um das Mahnmal besser kenntlich machen sollte, damit dieser kein "versteckter Platz" bleibe. Und wieder folgt ein Dialog: Zwischen alten Berg am Laimern, die Geschichten dazu erzählen können, und den Schülern.

Irgendwann steht man noch im "Steinkreis" an der St. Michael-Straße. Mitten auf einer wild blühenden Wiese, deren Trampelpfade Zeugnis davon ablegen, dass sie ein geliebter Ort ist. Besonders auch für die Schüler des Michaeli-Gymnasiums.

Nein, das war kein Stadtteilspaziergang. Es waren zwei Stunden der Begegnung. Des Miteinanders. Der gemeinsame Weg, eingebunden in Gespräche, mag aufzeigen, dass es im Viertel unterschiedlichste Plätze gibt und durchaus noch mehr Räume für Jugendliche braucht. Kleine Cafés oder Bars, wie Claudia sagt. Aber vielmehr zeigt er, dass Begegnungen im Kleinen anfangen und schnell zu etwas wachsen können: zu Freundschaften vielleicht. Valid und Javid würden das sicher gut finden. Auch Leah, Anastasia und Luis vom Michaeli-Gymnasium.

"Inside Berg am Laim", Dienstag, 26. Juni, 17 Uhr. Treffpunkt: Wohnprojekt Berg-am-Laim-Straße 127-129. Keine Voranmeldung nötig.

© SZ vom 25.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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