Stadtplanung:Wohnen über Schulen, Supermärkten und Parkplätzen

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Die Schule in der Knorrstraße hätte höher gebaut werden können. Das hätte aber mehr Geld gekostet. (Foto: Stephan Rumpf)

So soll sich die Stadt verdichten, um mehr Wohnraum zu schaffen. Das gefällt aber nicht jedem.

Von Dominik Hutter

Schön sieht sie ja aus, die neue Holzkonstruktion an der Baierbrunner Straße in Obersendling. Dieter Reiter wird trotzdem das Gefühl nicht los, dass irgendetwas fehlt. Oben, wo sich über dem ersten Stock des neuen Schulbaus nur noch der graue Himmel wölbt. Wäre es nicht sinnvoll, ein bisschen höher zu bauen?

Eine Etage mehr hätte wegen anderer Brandschutzvorschriften eine erhebliche Kostensteigerung bedeutet, erfährt der Oberbürgermeister von seinen Fachleuten. Trotzdem: "Das würde ich mir gerne einmal vorrechnen lassen." Ob es wirklich preisgünstiger ist, auf weitere Stockwerke zu verzichten - und stattdessen Schüler nebenan in Containern unterzubringen.

An der Baierbrunner Straße lässt sich ablesen, wie frappant sich die Planungspolitik der Stadt München verändert hat. Die 2012 vom Stadtrat beschlossene Grundschule, an der im Herbst der erste Unterricht stattfinden soll, wurde noch nicht unter dem Eindruck der Flächenknappheit konzipiert. Inzwischen herrschen andere Prämissen im Münchner Rathaus: Das Baurecht soll möglichst ausgeschöpft werden. Warum sollen über Schulen oder Kindertagesstätten nicht auch noch Wohnungen entstehen?

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Reiter, der an diesem Dienstag mit Münchner Ehrenbürgern neue Schulprojekte besichtigt, will in der aus allen Nähten platzenden Stadt keine Flächen mehr vergeuden. Seine Stadtbaurätin weiß er dabei hinter sich. Bei der Bustour durch München weist Elisabeth Merk auf Nachverdichtungspotenziale hin. Vor allem bei den großzügig in Grünflächen geklotzen Wohnriegeln der Sechzigerjahre.

Auch Reiter hat bei der Busfahrt aus dem Fenster gesehen und gleich mehrere eingeschossige Supermarktbauten entdeckt. Samt Riesenparkplatz drumherum. Diese Form der Platzverschwendung beschäftigt den OB derzeit intensiv. Warum nicht einfach auf Stelzen bauen, über dem Parkplatz? Und haben über einem Supermarkt etwa keine weiteren Etagen für Wohnungen Platz?

Reiter will sich deshalb mit den Verantwortlichen der großen Supermarktketten an einen Tisch setzen und die Bereitschaft zur Nachverdichtung ausloten. Erst aber soll der geplante Stelzenbau der Gewofag auf dem Parkplatz des Dantebads fertig sein. Damit Reiter etwas zum Vorzeigen hat.

München soll dichter werden. Dass das nicht jedem gefällt, ist der Stadtspitze durchaus klar. Gerade in den grünen Häuschenvierteln ist die Lust auf neue Nachbarn begrenzt. CSU-Stadtrat Michael Kuffer veröffentlichte am Donnerstag einen "Zwischenruf", in dem er vor einer Verdichtung um jeden Preis warnt. München mit seiner einzigartigen Silhouette dürfe nicht zu einer weiteren der vielen gesichtslosen Metropolen werden. München sei nicht Frankfurt und erst recht nicht Berlin - und wolle es auch nicht sein.

Reiter hält es für problemlos, einfach ein paar Etagen höher zu bauen. Echte Wohnhochhäuser, also noch jenseits der 100-Meter-Marke, stehen in München aktuell ohnehin nicht auf der Agenda. Solche Bauten seien einfach nicht wirtschaftlich, weiß Stadtbaurätin Merk. Zumindest als Privathäuser. Für Büros gelten andere wirtschaftliche Spielregeln.

© SZ vom 15.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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