Volleyball:Vorbereitung auf der großen Bühne

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Herrsching trotzt dem Meister Berlin einen Satz ab

Von Julian Ignatowitsch, Herrsching

Dass der Gastauftritt seines TSV Herrsching in der Berliner Lokalpresse bereits vorab als "wenig glamourös" betitelt wurde, fand Trainer Max Hauser schon etwas frech. So ganz widersprechen konnte er am Mittwochabend nach der 1:3-Niederlage (18:25, 25:18, 16:25, 19:25) seiner Mannschaft aber auch nicht. "Wir waren in den drei verlorenen Sätzen relativ chancenlos", gestand er ein. Nach 90 Minuten war eine wenig spektakuläre Partie vorbei. Dabei konnten Hauser und seine Mannen den Satzgewinn gegen den Meister und Pokalsieger aus der Hauptstadt durchaus als kleinen Erfolg werten. Immerhin ein bisschen hatten sie den übermächtigen Favoriten dann doch geärgert, auch wenn es zum großen Glamour nicht reichte.

"Insgesamt haben wir uns in dieser Saison bei solchen Duellen klar verbessert", fasste Hauser dennoch zusammen. Seine Spieler seien nicht mehr "so beeindruckt vom Gegner und der Kulisse". Im dritten Jahr Bundesliga hat sich Herrsching an die große Volleyball-Welt gewöhnt, an Arenen wie die Max-Schmeling-Halle in Berlin, die achtmal mehr Zuschauer fasst als Herrschings kleine Turnsporthalle, und an mit Stars besetzte Kader, die fast achtmal so teuer sind wie der ihre.

Herrsching kann phasenweise mitspielen im Konzert der Großen - das ist eine Erkenntnis aus dieser Saison. Auch gegen die Top-Teams Friedrichshafen oder Frankfurt holten die Herrschinger mindestens je einen Satz und punkteten sogar zweimal durch das Erreichen des Tiebreaks. Im Pokal-Viertelfinale überraschte die Mannschaft mit einem Sieg in Düren. Der Verein vom Ammersee hat mittlerweile ja selbst einige prominente Namen im Team: Die (Ex-)Nationalspieler Patrick Steuerwald, Ferdinand Tille oder Tom Strohbach sind der feste Kern, um den herum Hauser sein Team aufstellt. Strohbach war in Berlin einmal mehr bester Angreifer seiner Mannschaft und wurde zum wertvollsten Spieler gewählt. Der 24-Jährige ist mit 299 Gewinnschlägen offiziell sogar Topscorer der Liga, wobei diese Statistik nur bedingt aussagekräftig ist und auch ein wenig die limitierte Variabilität im Herrschinger Spiel beziffert. Der Kader ist eben dünn. Nur acht Spieler insgesamt, also lediglich zwei Auswechselspieler, standen Trainer Hauser in Berlin zur Verfügung. Der Rest? Musste arbeiten, studieren oder war anderweitig verhindert. Das ist die Kehrseite der vielen Teilzeit-Profis im Team, die überhaupt erst die Verpflichtung der namhafteren Leistungsträger und den diesjährigen Erfolg ermöglichen.

Nun gibt es also das Endspiel um Platz sechs gegen den TV Bühl am Samstag (19 Uhr). Die Herrschinger haben es als Siebter in der eigenen Hand, das anvisierte Saisonziel und die direkte Playoff-Qualifikation zu erreichen. Dazu benötigen sie einen glatten Dreipunkte-Sieg (3:0 oder 3:1) gegen den direkten Konkurrenten, das abschließende Spiel gegen Absteiger Solingen sollte Formsache sein. Im Hinspiel hatten sie in Bühl allerdings deutlich verloren, der TVB mit seinem starken Diagonalangreifer Slawomir Jungiewicz liegt den Oberbayern nicht wirklich.

Hauser freut sich trotzdem "riesig" auf die Partie: "Dafür trainieren wir jeden Tag." Spielerisch sieht er den Aufschlag als Schlüssel, um den Gegner schon im Aufbau unter Druck zu setzen: "Da haben wir gegen Berlin zu viele Fehler gemacht." Strohbach ist auf dem Papier auch der beste Aufschläger der Liga - und schwächelte zuletzt etwas. Die verbleibende Trainingseinheit am Freitag will Hauser dafür nutzen, das Problem zu beheben. Auch im Angriff war sein Team jüngst nicht ganz so effizient, wobei in Berlin wegen der dünnen Personaldecke nicht mal die Möglichkeit zum Wechsel bestand. Dass Angreifer Julius Höfer und Florian Malescha (beide berufstätig) im anstehenden Heimspiel wieder zur Verfügung stehen, dürfte helfen. Die enge Nikolaushalle - natürlich ausverkauft und noch lauter als sonst - garantiert Herrsching einen weiteren Vorteil.

Wobei, an der Unterstützung der Fans hat es in Berlin nicht gelegen. Ein Block mit lautstarken Anhängern feuerte die Herrschinger das ganze Spiel über an. "Das waren Leute aus Rostock", wunderte sich selbst Hauser hinterher, der mit den Angereisten noch ein paar Worte wechselte. "Keine Ahnung, wie die auf uns kommen." Das Phänomen Herrsching, es hat sich mittlerweile offenbar bis an die Ostsee herumgesprochen.

© SZ vom 24.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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