Volleyball:Verzagte Doppelgänger

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Vielleicht hätte ich ihn rausnehmen müssen": Daniel Malescha hat nach Verletzungen Trainingsrückstand. (Foto: Johannes Simon)

Herrschinger demonstrieren in Düren ihre Auswärtsschwäche. Viele Fehler und ein angeschlagener Malescha ergeben eine 0:3-Niederlage

Von Katrin Freiburghaus, Herrsching

Herrsching - Es geschah Mitte des ersten Satzes, beim Stand von 11:18 aus Sicht von Herrschings Bundesliga-Volleyballern, dass ihr Trainer Max Hauser mit den Schultern zuckte und ein stilisiert ratloses Gesicht machte. "Keine Ahnung, wieso", sollte das heißen. Die Schiedsrichter hatten einen Regelverstoß der Herrschinger gesehen und den Ballwechsel vorzeitig zugunsten der Gastgeber aus Düren beendet.

Es war nur ein kurzer Moment, doch ließen sich aus Gesten Überschriften basteln, ein Max Hauser aus Gips in exakt dieser Körperhaltung müsste über dem gesamten Auswärtstrip der Herrschinger nach Düren stehen. Denn dass seine Mannschaft in 73 Minuten verdient 0:3 (15:25, 20:25, 18:25) unterlag, hatte keineswegs ausschließlich mit dem favorisierten Liga-Vierten, sondern vor allem mit dem eigenen zaghaften Auftreten zu tun. "Wir waren Außenseiter, aber es wäre mehr drin gewesen, wenn wir eine gute Leistung abgeliefert hätten", sagte Angreifer Phillip Trenkler.

Dass es damit nicht klappte, führte Hauser auf die bekannte Auswärtsschwäche zurück: "Zu Hause beißen wir zu, wenn man uns nur den kleinen Finger reicht, aber auswärts fehlt uns der Mumm. Wir schaffen es einfach nicht, aggressiv zu spielen. Wenn, kommt es einem immer ein bisschen aufgesetzt vor." Tatsächlich wirkten die Herrschinger selbst im zweiten Satz, als sie 9:6 und 10:8 in Führung lagen und ihre Aktionen bejubelten, als hätten sie ihre Trikots an schüchterne Doppelgänger verliehen. Dabei hätten sich die echten Herrschinger im karnevalsentrückten Düren eigentlich wie zu Hause fühlen müssen, so nett wie die Verantwortlichen mit ihren Harlekinkostümen daherkamen. Denn für Schabernack haben sie am Ammersee ja erklärtermaßen etwas übrig. Doch Hausers Team strahlte am Samstagabend von Beginn an aus, dass das ganz sicher nicht seine Party werden würde, sondern die der Gastgeber. "Wir schaffen es halt auch nicht länger als einen halben Satz, uns auf die Taktik zu konzentrieren", monierte Hauser. Düren habe "genau das gemacht, was wir gescoutet hatten". Spätestens nach der ersten technischen Auszeit aber war es mit der Disziplin stets vorbei - und Düren zog rasch davon.

Das Engagement war dem TSV dagegen nicht abzusprechen. Es gab lange Spielzüge, in denen selbst Diagonalangreifer Daniel Malescha in Libero-Manier Bälle vom Boden kratzte. Doch meist war es Düren, das im fünften oder sechsten Anlauf die Nerven behielt, während Herrsching in den Block oder ins Aus schlug. "Wir haben gerade leichte Bälle oft nicht bekommen", sagte Trenkler, "und die sind es, die verhindern, dass wir in diesen Flow kommen, den wir in Heimspielen schon oft gezeigt haben."

Stattdessen war speziell dem gesundheitlich angeschlagenen Malescha die Enttäuschung über jeden verpassten Punkt anzusehen. Er ließ die Schultern hängen, eine Quote von 30 Prozent war nicht, was er sich vorgestellt hatte. "Ich war froh, dass er überhaupt spielen konnte", sagte Hauser allerdings und räumte ein: "Vielleicht hätte ich ihn rausnehmen müssen, er hat zuletzt sehr wenig trainiert." Schmerzen in Knie, Schulter und Krankheit haben den 21-Jährigen momentan seine zuletzt so starke Form gekostet.

Dass Herrsching in geschwächter Verfassung keine Punkte in Düren holt, war für Hauser zu verschmerzen. Die wichtigste Frage nach einer solchen Abreibung sei: "Was machen die besser als wir?" Von der Spielanlage gebe es Parallelen, "aber wir haben sehr viele Eigenfehler gemacht - bei Düren kann ich mich an einen einzigen erinnern". In der Tat schafften es gerade einmal drei Herrschinger, ihre Differenz aus Punkten und Fehlern positiv zu gestalten. Die ebenfalls negative Teambilanz von minus sechs entfaltete ihre Dramatik aber vor allem im Kontrast zu den plus 31 Zählern des Gegners.

Hauser blätterte das Kapitel Düren zunächst weg. "Nächstes Jahr holen wir da einen Punkt, dieses Jahr noch nicht", sagte er. Über die Playoff-Teilnahme entscheiden Episoden wie die nächsten beiden gegen Rottenburg und Coburg. Schauplatz ist Herrsching, die Heimat der echten Herrschinger.

© SZ vom 08.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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