Volleyball:Verlängerte Jugendarbeit

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Drittliga-Regisseur mit 15 Jahren: Benedikt Sagstetter stellt für den neuen Mittelblocker Ivica Jozic. (Foto: Niels P. Joergensen)

Drittligist ASV Dachau braucht für sein Projekt Wiederaufstieg Geduld

Von Andreas Liebmann, Dachau

Das ABC des Volleyballtrainers Martin Carinelli ist eigentlich ein AAA: "Annahme, Annahme, Annahme", lautet es. Auf diese Grundlage werde er den größten Wert legen. Das hatte er angekündigt, kurz nachdem er sich im Sommer dazu durchgerungen hatte, seine aktive Laufbahn mit 31 Jahren vorzeitig zu beenden, um seinen in die dritte Liga abgerutschten ASV Dachau als Trainer zurück auf Kurs zu bringen.

Für Luis Klimpe dürfte das eigentlich nichts anderes bedeuten als: DDD. Druck, Druck, Druck. Denn er ist der neue Libero des ASV Dachau, also der Annahme- und Abwehrspezialist. Sein Vorgänger in dieser Funktion war ausgerechnet Carinelli, dem es oft noch schwer fällt, draußen an der Linie zu stehen. "Ich möchte jede Woche ins Feld", gibt der Spanier mit argentinischen Wurzeln zu, "aber es ist trotzdem besser so." Carinelli, muss man wissen, hat für Portol Palma Mallorca Champions League gespielt. Klimpe hingegen ist 18 Jahre jung und trat bislang in der dritten Mannschaft an. Doch Carinelli schwärmt von seinem Nachfolger: "Er trainiert viel und macht das wirklich gut. Luis ist ein super Libero."

Der Teenager darf sich geadelt fühlen, zumal er der einzige auf seiner Position ist. "Wenn er ausfällt, habe ich vier gute Annahme- und Außenspieler", erläutert der Trainer, wieso er einzig auf Klimpe setzt. Er hätte noch einen zweiten Libero im Kader gehabt, Michael Weindel, 24, doch den hat er lieber zum Mittelblocker umfunktioniert. Dort waren die Löcher nach den Weggängen von Jan Danielowski (TSV Unterhaching), Dominic von Känel (Trainer der dritten Mannschaft) und Benedikt Neumair (Verletzungspause) größer als jenes, das er selbst hinterließ. Inzwischen kann Carinelli etwas sagen, das noch vor Kurzem absurd geklungen hätte: "Ich kann zwei gute Mannschaften aufbieten", lobt er, "die Bank ist groß genug, dass ich reagieren kann, wenn etwas nicht läuft."

Nach jenem Betriebsunfall, der den ehemaligen deutschen Meister völlig unerwartet in die dritte Liga gespült hat, stand der ASV lange ganz ohne Trainer und ohne Kader da, nur mit dem Trumpf seiner hervorragenden Jugendarbeit. Dann seien auf einen Schwung mehrere unerwartete Zusagen gekommen, etwa der Verbleib der Routiniers Marko Riedlbeck und Sascha Ziskins, dazu der Mittelblocker Ivica Jozic, der einzige echte Neuzugang. Jozic habe mal in der ersten kroatischen Liga gespielt, berichtet Carinelli, nach längerer Pause brauche er aber noch Zeit. Jedenfalls dirigiert er nun eine ganz gute Mischung aus Routiniers und sehr jungen Talenten.

Sechs Punkte hat der ASV bisher geholt, zwei Siege, zwei Niederlagen. Das klingt nicht prickelnd für ein Projekt Wiederaufstieg, doch der Trainer sagt: "Ich bin zufrieden, es läuft gut." Er sei zunächst einmal angetreten, "um in der Liga zu bleiben", also nach unten abzusichern. "Es braucht Zeit, bis die neue Mannschaft zusammenwächst." Mitte der Saison könne man dann sehen, ob es für mehr reicht. "Wir haben immer noch einen großen Namen, alle sind heiß darauf, uns zu besiegen", weiß er.

Libero Klimpe ist nicht der einzige Jungspund, im Gegenteil. Benedikt Sagstetter ist erst 15, doch er führt bereits Regie. Als Zuspieler wechselt er sich mit Florian Mayrhofer, 22, ab, am vergangenen Samstag gegen die Internatsschüler des VCO Kempfenhausen durfte Sagstetter sogar beginnen. "Er hat eine sehr gute Zukunft", ist sich Carinelli sicher, das gelte für die ganze Mannschaft. Außenangreifer Lukas Pfretzschner, 16, wurde nach der Partie gegen Kempfenhausen gar zum wertvollsten Spieler gewählt, zum zweiten Mal bereits. "Dreimal hat er mitgespielt, dreimal war er mit der Beste", lobt Carinelli den Außenangreifer. Das Duell mit Kempfenhausen zeigte zugleich, woran es noch hapert: 3:2 endete es (23:25, 25:15, 25:19, 24:26, 15:11), nach Carinellis Auffassung war das ein Punkt zu wenig. "Im ersten Satz haben wir 12:6 geführt, aber dann die Konzentration verloren", bedauerte er, auch im vierten Durchgang habe es eine störende Fehlerserie gegeben. "Wir waren die bessere Mannschaft." Vom Niveau her müsse sich sein Team vor keinem verstecken, auch nicht vor dem TSV Unterhaching, der als Aufsteiger eine starke Rolle spielt. "Es ist besser, uns passieren solche Dinge jetzt als gegen Ende der Saison, wenn es wichtig wird", sagt er. Vermutlich meint er nicht den Abstiegskampf.

© SZ vom 20.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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