Volleyball:Spaßfrei

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Herrschings Volleyballer zeigen bei der 0:3-Heimniederlage gegen Düren eines ihrer schlechtesten Spiele, seit sie in der ersten Liga sind. Trainer Hauser übt Kritik an der Einstellung seines Teams, was zeigt, dass diese Saison sehr steinig werden dürfte für den Klub vom Ammersee

Von Julian Ignatowitsch, Herrsching

Am Freitag traf ein Päckchen aus Berlin ein. Die Herrschinger Volleyballer bekamen ihre Lederhosen zurück. Herrsching hatte zuletzt in Berlin klar verloren und reagierte mit der inszenierten Aktion selbstironisch auf die "Zieht den Herrschingern die Lederhosen aus"-Rufe beim letzten Bundesligaspiel. Dass der Verein vom Ammersee in dieser Saison mit trachtengleichen Trikots spielt, erregt eben Aufsehen. Es wurde gelacht vor dem Wochenende, alles gut soweit.

Am Samstagabend war Trainer Max Hauser dann aber gar nicht mehr zu Scherzen aufgelegt. Nach dem 0:3 (19:25, 20:25, 21:25) gegen Düren konnte Hauser nichts Positives an der Leistung seiner Mannschaft finden, von Selbstironie ganz zu schweigen. "Die Art und Weise, wie wir heute aufgetreten sind, damit bin ich überhaupt nicht zufrieden", sagte er und führte aus: "Mir ist es wichtig, wie die Leute auf dem Feld stehen und ihre Punkte abfeiern - und das hat nicht gepasst." Kritik an der Einstellung der Spieler, das hört man in Herrsching ausgesprochen selten, zumal nach Heimspielen. Das Team ist für seine emotionalen und stimmungsgeladenen Auftritte in der Nikolaushalle bekannt und hat dadurch schon das ein oder andere Spiel überraschend gewonnen, wie zum Beispiel auch den Saisonauftakt gegen Lüneburg (3:2). Während Düren selbst nach schmeichelhaften Punkten lautstark johlte, kamen die Gastgeber trotz gewohnt ausdauernder Unterstützung des Publikums nie in Ekstase.

Zwei zu acht im Block: Julius Höfer, Roy Friedrich und Daniel Malescha (v.l.) gelang kaum ein Punkt in dieser Disziplin. (Foto: Arlet Ulfers)

Dazu fehlte aber auch der sportliche Auslöser. "Wir haben so viele unnötige Fehler gemacht, irgendwann habe ich aufgehört zu zählen", sagte Hauser zerknirscht. Mit 15 Fehlern im Aufschlag, neun im Angriff und acht in der Annahme war Herrschings Spiel so schludrig wie selten. Überdies dominierte der Gegner den Block (acht zu zwei Punkte), selten kam ein Angriff direkt durch. Düren hatte sich in diesem Mannschaftsteil gerade noch wegen Verletzungsproblemen mit dem niederländischen Nationalspieler Bas van Bemmelen verstärkt. So einen Luxus kann sich Herrsching auf seiner Problemposition nicht leisten. Zum Vergleich: Der TSV reaktivierte für das Spiel gegen Düren Mittelblocker Thomas Ranner, der eigentlich gar nicht mehr zum Kader gehört, nicht im Training steht und eigens aus Stuttgart anreiste. "Sorry Mädels, ich stehe nicht im Heft", sagte Ranner, als er nach dem Spiel von Fans um ein Autogramm gebeten wurde - und unterschrieb dann kurzerhand auf der Rückseite.

Nach nun drei Niederlagen in Serie ging Trainer Hauser sogar so weit, das Saisonziel nach unten zu korrigieren: "Das Ziel ist der Klassenerhalt", sagte Hauser und widersprach damit offen Teammanager Fritz Frömming, der die Playoffs für realistisch hält. "Für 3,50 Euro pro Karte und mit einem halben Kader in so einer starken Bundesliga kann man nichts anderes erwarten", so Hauser. Seine Worte waren ob der Enttäuschung sicherlich ein wenig übertrieben, aber im zweiten Jahr nach dem Aufstieg haben die Oberbayern, trotz namhafter Zugänge wie Ferdinand Tille und Patrick Steuerwald, nach wie vor mit den bekannten Problemen zu kämpfen.

Der Kader ist klein, die Trainingssituation alles andere als optimal: Die Einheiten finden an täglich wechselnden Orten mit wechselndem Personal statt. "Wir sind mal zwölf, dann wieder acht Leute", schildert Hauser. "Dazu ist die Halle in Gilching wegen der Flüchtlingsproblematik weggefallen." Vier Spieler arbeiten nebenbei in Vollzeit, andere studieren. Das Beispiel Julius Höfer zeigt die Schwierigkeit einer solchen Doppelbelastung. Der 23-jährige Elektroingenieur hat gerade ein Praktikum in München angefangen, 40 Stunden die Woche, dazu jeden Abend Training. "Das ist schon eine riesige Umstellung", meinte der Außenangreifer. "Wenn wir Julius' Leistung heute mit der von Lüneburg vor zwei Wochen vergleichen, sind das Welten", stellte sein Trainer fest.

Die kommende Woche hält nun mit dem Pokal-Achtelfinale beim Drittligisten Gotha am Mittwoch (20 Uhr) und dem Ligaspiel in Rottenburg am Samstag (19.30 Uhr) zwei echte Charakterprüfungen bereit. "Das werden zwei sehr emotionale Spiele", sagt Hauser. Spaßige Aktionen abseits des Feldes sind wohl vorerst tabu, damit die Herrschinger die Lederhosen das nächste Mal wieder anbehalten.

© SZ vom 09.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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