Volleyball:Neue Köpfe

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Die Zweitligisten TSV Grafing und ASV Dachau haben ihr Potenzial zuletzt nicht ausgeschöpft. In Grafing will das Trainer Alexander Hezareh ändern - sein Vorgänger Adrian Zoppelt probiert dasselbe nun in Dachau

Von Andreas Liebmann und Alexander Mühlbach, Dachau/Grafing

Die medizinische Betreuung ist ungewöhnlich intensiv, beinahe aufopferungsvoll. Es gibt da ein Foto auf der Homepage des Volleyball-Zweitligisten TSV Grafing, darauf ist im Vordergrund Mittelblocker Simon Gürzing zu sehen, wie er an einem Seil hängend seinen beachtlichen Bizeps anspannt. Unmittelbar dahinter, in Reichweite, steht im Niederseilgarten im österreichischen Zell am See der Teamorthopäde Dr. Schmid und schaut aufmerksam zu, bereit, jederzeit einzugreifen. Rund um die Uhr ist der Mediziner bei der Mannschaft. Eigentlich könnte man ihn gleich mitspielen lassen.

Kenner des Zweitligisten wissen natürlich: Dr. Konstantin Schmid wird mitspielen. Der Mittelblocker ist seit Jahren einer der stärksten Grafinger Angreifer und Antreiber, inzwischen hat er nebenbei eben promoviert. Und natürlich ist er älter als die anderen Spieler, das gilt ja für die meisten Teamärzte, Müller-Wohlfahrt war da nicht die Ausnahme. Schmid allerdings ist mit gerade mal 28 der Senior des Teams.

Dieses hat sich ansonsten wenig verändert. Gürzing, der 20-Jährige am Seil, ist neu, ebenso Außenangreifer Leopold Angerer, 24, beide sind im Internat Kempfenhausen ausgebildet worden. "Sie sind mit unsere athletischsten Spieler, auch von der Handlungshöhe und Schlaghärte zählen sie zu den besten", lobt sie der dritte Neuling beim TSV. Er dürfte das recht kompetent beurteilen können, denn er ist ihr Trainer: Alexander Hezareh.

Trainertypen: Adrian Zoppelt ist beim ASV Dachau tätig (Foto: Toni Heigl)

Zehn Jahre lang war dieser zuvor für die Frauen des TV Planegg-Krailling verantwortlich, im Nachhinein ist er sich sicher: "Der Wechsel war an der Zeit." Zwei Trainingslager hatte der 45-Jährige anberaumt, eins in Grafing, eins in Mittersill/Österreich, vor allem Teambuilding und mentale Weiterbildung standen auf dem Programm. Der Kader sollte "noch besser zusammenwachsen", sagt Hezareh, wobei er das noch betont. In den zwei Jahrzehnten seiner Trainertätigkeit habe er ohnehin kaum ein Team erlebt, das besser harmoniere als dieses. Das Hauptproblem des Zehnten der Vorsaison lag in den Köpfen. "Von 21 engen Sätzen haben sie nur vier gewonnen", weiß der neue Trainer, auch deshalb hat er in Annette Reiners eine erfahrene Mentaltrainerin mit ins Trainingslager geholt. Die Vorbereitung lief gut, unter anderem bezwang Grafing den Ligarivalen Dachau. "Das sagt nichts", schränkt Manager Johannes Oswald ein, der neue Trainer habe aber viele neue Einflüsse gebracht. Das Ziel sei Platz sieben. Zum Auftakt gastiert Grafing an diesem Samstag (20 Uhr) bei der FT Freiburg.

Hezarehs Vorgänger Adrian Zoppelt ist im Mai zum ASV Dachau gewechselt, für den auch Gürzing schon spielte. Die im Vorjahr zunehmend verunsicherten Grafinger hat der Trainer also hinter sich gelassen, doch auch in Dachau wartet Arbeit. Als der ASV im letzten Spiel der vergangenen Saison den Meister SV Fellbach schlug, sagte Kapitän Sebastian Wenninger: "Heute hat man gesehen, was die Mannschaft eigentlich drauf hat." Das verdeutlicht, dass niemand so recht glücklich war mit der Saison und dem achten Platz. Eigentlich hatten sie oben mitspielen wollen. Viel zu oft ließen sie gegen vermeintlich schwächere Gegner wichtige Punkte liegen. "Vom Mannschaftspotenzial her wäre eigentlich mehr drin gewesen", glaubt Wenninger.

Alexander Hezareh trainiert den TSV Grafing (Foto: Georgine Treybal)

Folglich bleibt der Kader für die neue Saison fast gleich. Dachau muss in Jonas Sagstetter (Frankfurt) und Zuspieler Nemanja Nikolic (Ziel unbekannt) nur zwei Weggänge verkraften. Allerdings wurden durch Zoppelts Rückkehr die Rahmenbedingungen geändert. Schon von 1997 bis 2001 war er Trainer beim damaligen Erstligisten. Einem Abstieg folgte damals die unmittelbare Rückkehr ins Oberhaus - mit einem beeindruckenden Rekord von 44:0 Punkten. Mit Zoppelts Engagement endet beim ASV eine der ungewöhnlichsten Trainerkonstellationen der Liga, denn in den Jahren zuvor teilte sich jeweils ein gleichberechtigtes Trio den Trainerjob.

Einen Aufstieg in die erste Liga hält Zoppelt für nicht ausgeschlossen, allerdings sei das Zukunftsmusik. "Im Moment zählt die Förderung und Integration der Jugendspieler", erklärt er. Diese Aufgabe ergibt sich als logische Konsequenz daraus, dass Dachau zuletzt mit U18, U16 und U14 jeweils deutscher Meister wurde. "Eine bessere Nachwuchs-Infrastruktur als hier gibt es nicht", schwärmt Zoppelt. In Vincent Graven und Lukas Pfretzschner absolvierten zwei 15-Jährige die komplette Vorbereitung mit der ersten Mannschaft. Zudem wurde der 18-jährige Zuspieler Niklas Trogisch vom VCO Berlin verpflichtet, der schon Teil der Jugendnationalmannschaft war. "In zwei bis drei Jahren können diese Spieler absolute Leistungsträger sein", glaubt Zoppelt.

Trotz des Altersschnitts von nur 23 Jahren erhofft er sich von seiner Mannschaft gleich zu Saisonbeginn am Samstag (20 Uhr) gegen den TSV Stuttgart einen Sieg. Wie dieser zustande kommt, sei ihm egal. "Die Kunst ist es nicht, immer gutes Volleyball zu spielen", sagt Zoppelt, sondern auch zu gewinnen, wenn es mal schlecht läuft. Nur dann, ist Zoppelt überzeugt, könne sein talentiertes Team am Ende der Saison weit vorne stehen.

© SZ vom 26.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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