Volleyball:Im eigenen Schatten

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Unterhachings Volleyballer holen gegen Freiburg ihre ersten Zweitliga-Punkte. Das Ausbildungsteam der Alpenvolleys sucht noch ein wenig seinen Platz.

Von Katrin Freiburghaus, Unterhaching

Zukunft + Vergangenheit = Gegenwart: Eric Paduretu, 18 (li., dahinter Jonas Sagstetter, ebenfalls 18) stellt hier auf Roy Friedrich. Den 29-Jährigen umweht noch der Hauch der Hachinger Champions-League-Vergangenheit. (Foto: Claus Schunk)

Der neue Fanklub von Hachings Zweitliga-Volleyballern war zu viert erschienen und hatte jede Menge Platz. Knapp 100 Zuschauer sahen am Samstag im ersten Heimspiel der Unterhachinger seit der Rückkehr in die Bundesliga einen 3:2 (22:25, 25:22, 25:22, 20:25, 15:10)-Sieg gegen Freiburg. Für einen normalen Zweitligisten, der viermal in Serie als Meister aufgestiegen ist, ist das eine eher magere Bilanz. Doch der TSV Unterhaching II ist ja kein normaler Zweitligist.

Die Mannschaft hat schon offiziell drei Cheftrainer - darunter Hachings Macher Mihai Paduretu. Hauptsächlich wird sie von Co-Trainer Dejan Stankovic betreut, der gegen Freiburg als Libero durchspielte, "weil ich ein bisschen verrückt bin und meine Jungs mich brauchten", wie er sagte. Vier Trainer für 13 Spieler - das ist ein Betreuungsschlüssel, von dem Eltern träumen. Er hat seinen Sinn, denn es geht momentan nicht nur darum, nicht abzusteigen, sondern um sehr viele Dinge gleichzeitig. Das Team hängt zwischen zwei Ländern, drei Zeiten und den unterschiedlichen Perspektiven seiner Spieler.

Zu sehen war das an Roy Friedrich, Rückkehrer aus Herrsching und Kapitän. Als er zum Einspielen zwischen seinen grün und weiß gewandeten Mitspielern den roten Pullover des 2014 ausgestiegenen Hachinger Hauptsponsors spazieren trug, dessen Name sonst sorgfältig aus der Halle entfernt worden ist, umwehte den Mittelblocker ein Hauch von glorreicher Vergangenheit; von Champions League, Pokalsiegen und Profitum. Friedrich darf den Pullover tragen - er arbeitet für den Versicherungskonzern. Und er ist auch nicht die großartige Zukunft, auf die sie in Unterhaching mithilfe von Innsbruck und dem Projekt Alpenvolleys hoffen, sondern ein mit zehn Jahren Erstligaerfahrung ausgestatteter Helfer in einer von Kompromissen geprägten Gegenwart.

Friedrich weiß und will das, weshalb er sich nicht über Missverständnisse aufregte, als deren Resultat der Ball gegen Freiburg immer mal wieder zu Boden geplumpst war. "Eigentlich waren das heute drei statt zwei sichere Punkte", sagte er, "aber es war ein Riesenfortschritt und wichtig für das Selbstbewusstsein." Letzteres hatte unter der Auftaktniederlage in Grafing zuletzt arg gelitten. Manchmal, sagte er, "sind vier von sechs auf dem Feld unter 20 - da passieren Fehler".

Es war Hachings Zukunft, über die er da sprach, und um deren Beine die Hosen noch schlackerten: Hristiyan Dimitrov, 17, Eric Paduretu, 18, und Jonas Sagstetter, 18, hoch veranlagt und ambitioniert. Sie erinnern jeden Moment daran, dass der "TSV Unterhaching II" zwar die am höchsten spielende Mannschaft dieses Vereins, aber gleichzeitig auch nur ein Ausbildungsteam der am höchsten spielenden Mannschaft für diesen Verein ist: Denn das Erstliga-Großprojekt Alpenvolleys tritt mit TSV-Lizenz an, zunächst hauptsächlich in Innsbruck und ohne deutsche Spieler im Kern-Kader. Zweitliga-Volleyball in Unterhaching ist derzeit also nicht isoliert zu begreifen, es wird dem Team kaum gelingen, den Schatten des Erstligisten jenseits der Grenze abzuschütteln.

Sagstetter trainiert und lebt bereits dort und kommt nur für Freitagstraining und Spieltag nach Deutschland. Stankovic lobte den Angreifer als "schon sehr clever und technisch sehr gut". Sagstetter freut sich über das Pendeln, das auf Anregung von Paduretu senior zustande kam, der als Sportdirektor der Alpenvolleys offenbar seinen Einfluss geltend machte.

Während sich Team und Trainer in ihrer Zwischenposition gut eingelebt haben, fremdelt das Umfeld noch merklich. "Ähm, Sie wissen schon, dass das hier nur zweite Liga ist?", fragte ein Herr in Klubbekleidung. Dann fügte er hinzu: "Aber das echte Unterhaching ist eh hier." Es klang trotzig, beinahe nach Revolte gegen die Alpenvolleys. Doch nach zwei Stunden samt Testspiel-Werbung für die Tiroler war klar: Es gibt keine Revolte. Es gibt einfach wieder Zweitliga-Volleyball in Unterhaching - keinen schlechten übrigens.

© SZ vom 25.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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