Volleyball:Heimspieler

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Zweitbester Punktesammler auf dem Feld: Herrschings sprunggewaltiger Außenangreifer Julius Höfer setzte sich oft gegen Bühls Block durch. (Foto: Franz-Xaver Fuchs)

Herrsching bleibt sich treu: Zwei Auswärtsniederlagen folgt in eigener Halle ein furioser 3:1-Erfolg gegen Pokalfinalist Bühl. Abermals entpuppt sich der Aufschlag als Schlüssel zum Sieg

Von Sebastian Winter, Herrsching

Am Ende versammelten sich alle auf dem Feld, die Spieler, das Killerwal-Maskottchen Flips, und natürlich der König, der diesmal in seiner roten Robe und mit der glänzenden Krone auf dem Kopf passend zum Motto ("Hüttengaudi") auf Skiern in die Halle eingezogen war. Sie reihten sich auf vor der Tribüne und schwangen ihre Arme nach oben (auch der Killerwal), dazu sangen 1000 Zuschauer in der ausverkauften Nikolaushalle: "Einmal Herrsching, immer Herrsching, hey, hey." Trainer Max Hauser sagte später: "Heute war es schon bombastisch."

3:1 (25:22, 23:25, 25:20, 25:14) haben Herrschings Erstliga-Volleyballer am Samstagabend den Tabellensechsten TV Bühl geschlagen, der in einem Monat immerhin die Berlin Recycling Volleys im Pokalfinale herausfordert. Nach dem indiskutablen Auftritt des TSV beim Schlusslicht Mitteldeutschland (0:3) und dem 1:3 in Lüneburg war das nicht unbedingt zu erwarten gewesen. Aber es ist wie schon in der vergangenen Saison ein himmelweiter Unterschied, ob Herrsching auswärts antritt oder vor eigenem Publikum. Zuhause hat Hausers Mannschaft bislang elf ihrer 15 Punkte gesammelt, was ein gutes Omen für die nächsten Wochen sein dürfte: Denn die Konkurrenten des Tabellenachten, der um die direkte Playoff-Teilnahme kämpft, gastieren alle noch am Ammersee. "Auswärts müssen wir noch konstanter werden. Aber wir sind extrem heimstark. Und so eine Stimmung wie gegen Bühl habe ich noch nie erlebt", sagte Teammanager Fritz Frömming.

Beides ist sicher miteinander verwoben, die Stimmung und das gute Herrschinger Spiel. Aber auch die eigentlich zu niedrige und sehr enge Halle, die mitten im Wohngebiet steht und bei große Arenen gewohnten Gegnern wie Bühl Klaustrophobie auslösen dürfte (selbst der Gäste-Bus hat kaum Platz zum Parken), trägt das Ihre bei. Schon im ersten Satz war diese Beklemmung zu spüren, Bühl hatte extreme Probleme mit Herrschings Aufschlägen und lag schnell 15:20 zurück. TSV-Angreifer Daniel Malescha, wer auch sonst, verwandelte gleich den ersten Satzball, aber an diesem Abend stach der 2,04-Meter-Mann aus dem erweiterten Nationalmannschafts-Kader gar nicht so sehr heraus.

Hinter Malescha (18) war Herrschings in dieser Saison bislang so zuverlässiger Außenangreifer Julius Höfer der beste Punktesammler auf dem Feld (17), die Annahme um Libero Ferdinand Tille war stark, Zu- und Nationalspieler Patrick Steuerwald, der in den vergangenen Wochen noch sehr mit dem Olympia-Aus der deutschen Volleyballer gehadert hatte, wurde mal wieder zum wertvollsten Spieler gewählt, auch die Mittelblocker Roy Friedrich und Peter Ondrovic überzeugten. "Ich wüsste gar nicht, welchen Spieler ich hervorheben sollte. Das war eine ganz starke Mannschaftsleistung", sagte Frömming. Ondrovic gelangen alleine drei von insgesamt acht direkten Aufschlagspunkten des TSV. Überhaupt, der Aufschlag. Ihn hatte Trainer Hauser vor der Partie zum taktischen Schlüssel auserkoren und in Extraeinheiten trainieren lassen. Er hatte im Sinn, Bühls Annahme zu schwächen, so dass der US-amerikanische Zuspieler Graham McIlvaine seine so starken Mittelblocker nicht mehr so gut anspielen konnte. Der Plan ging auf, "mit so einem Aufschlagdruck kann man Spiele gewinnen. Und auch im Angriff war das gut, da hatten wir zuletzt Probleme", lobte Hauser seine Spieler hinterher.

Einzig der zweite Satz verlief nicht ganz wunschgemäß für den TSV, der auch im Aufschlag etwas den Faden verlor und den Ausgleich hinnehmen musste. Danach führte ein Ass von Ondrovic die Gastgeber beim Stand von 20:18 in Richtung zweiten Satzgewinn, der die Badener so frustriert haben muss, dass sie sich im vierten Satz gleich zehn Matchbällen gegenübersahen.

Herrsching liegt aktuell nur einen Punkt hinter dem Siebten Coburg und zwei Zähler hinter dem Sechsten Bühl auf Playoff-Kurs, mit dem Abstieg dürfte Hausers Klub nichts mehr zu tun haben, auch wenn er theoretisch noch möglich ist. Um die nächsten Auswärtsspiele muss sich der TSV sowieso keine Sorgen machen, denn in Düren und Frankfurt ist er krasser Außenseiter. Spannend werden die nächsten Heimspiele gegen Rottenburg (11. Februar) und Coburg (20. Februar). "Das sind absolute Finals", sagte Hauser und kürte sich dann selbst zum Liebling des Abends, als er in Richtung Tribüne rief: "Aber die machen sich hier eh in die Hose, wenn 1000 Leute so einen Lärm veranstalten."

© SZ vom 01.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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