Volleyball:Hauptact in Innsbruck

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Fingerzeig nach Innsbruck: 120 Kilometer südlich von Herrsching kämpfen die TSV-Volleyballer mit Libero Ferdinand Tille ums Halbfinale. (Foto: Georgine Treybal)

Nach dem Einzug in die Erstliga-Playoffs wollen die Herrschinger mit einem weiteren Leistungssprung das Halbfinale erreichen - es wäre ihr bisher größter Erfolg.

Von Katrin Freiburghaus, Herrsching

Roy Friedrich, Mittelblocker der Bundesliga-Volleyballer des TSV Herrsching, war nach dem 3:1 gegen Aufsteiger Solingen am Sonntag um Einordnung bemüht. "Natürlich haben wir die eigentlich drauf, aber wir haben nicht das Niveau, dass wir so ein Spiel einfach runterspielen", sagte er. Was sich im ersten Moment nach Selbstkritik anhörte, war das exakte Gegenteil: Herrsching, vor zweieinhalb Jahren selbst Aufsteiger und anfangs nach eigenen Angaben mit mehr Optimismus als Knowhow ausgestattet, rechtfertigt sich mittlerweile für unnötig knappe Siege.

Dieser Umstand ist nur ein Beleg für die Entwicklung, die das Projekt am Ammersee binnen knapp drei Jahren genommen hat. Platz sechs in der Abschlusstabelle ist ein weiterer. Er ist gleichbedeutend mit der direkten Qualifikation für die Playoffs - und das beste Ergebnis der jungen Erstliga-Historie des Klubs. Auch die Bilanz von Angreifer Tom Strohbach, der gegen Solingen nicht seinen besten Tag erwischte, damit aber trotzdem noch auf 14 Punkte kam und Top-Scorer der Liga ist, zeigt, dass sich Herrsching etabliert hat.

Auf die Komplimente der Solinger angesprochen, die Herrsching als Vorbild bezeichneten, reagierte Trainer Max Hauser erfreut, sei die Beurteilung doch lange nach einem wenig befriedigenden Muster abgelaufen. "Es war oft so, dass wir eher kritische Stimmen zu unserem Konzept gehört und dann Kopien gesehen haben", sagte er. Die Marketingaktionen hatten stets Aufsehen erregt, mittlerweile hat der selbsternannte "Geilste Club der Welt" auch sportlich aufgeschlossen. Er ist im guten Mittelfeld angekommen und in der Lage, an glanzvollen Tagen Topklubs wie die United Volleys, Düren oder Friedrichshafen zu ärgern oder gar zu bezwingen.

"Wir sind genau die Richtigen, um da eine Sensation zu schaffen", sagt TSV-Trainer Max Hauser

Wirkte die Mannschaft im ersten Jahr noch wie eine kleine Gruppe von Nationalspielern, die mit einem aufgefüllten, semi-professionellen Kader schaute, wofür das reichte, präsentierte sich Herrsching in der laufenden Saison als homogenes Team. Zuspieler Patrick Steuerwald wurde gegen Solingen zwar zum zwölften Mal zum wertvollsten Spieler gewählt, den Alleinunterhalter gibt er aber nicht. Am Sonntag waren es Friedrich und Julius Höfer, die in den wichtigen Momenten die Nerven behielten, beim 3:0 vor gut einer Woche gegen Bühl hatte das Duo Strohbach/Matt Tarantino allein knapp 40 Punkte erzielt.

Die Hallensprecher zählten am Sonntag noch allerlei andere Erfolgsgeschichten auf, Helfer, Spieler und Trainer hatten sich zum Gruppenfoto um sie herum aufgestellt, das Publikum applaudierte. All das mutete ein wenig seltsam an, erinnerte es doch stark an eine Saisonabschlussfeier. Auch Trainer Hauser kam das offenbar so komisch vor, dass er sich genötigt sah, über das Hallenmikrofon klarzustellen, "dass wir noch lange nicht fertig sind".

Mit dem Leistungsvermögen sind in Herrsching auch die Ansprüche gestiegen. "Wir hatten das Ziel Platz sechs, das haben wir erreicht, deshalb brauchen wir jetzt ein neues", sagte Hauser, "und das ist das Halbfinale." Nach dem Einzug ins Pokal-Halbfinale im vergangenen Herbst wäre das der größte Erfolg der Klubgeschichte. Gegner im Playoff-Viertelfinale sind am 18. und 22. März aber zunächst die drittplatzierten United Volleys aus Frankfurt, und Hauser rechnet seinem Team gegen "den haushohen Favoriten" durchaus Chancen aus, "weil wir bewiesen haben, dass wir gegen Teams, die auf dem Papier deutlich stärker sind als wir, sehr gut spielen können".

Weil Herrschings Halle für die Playoffs nicht zugelassen ist, weicht der Klub nach Innsbruck aus. Neben der geografischen Nähe darf man ein Heimspiel im Ausland getrost als nächsten großen Coup der Marketing-Abteilung um André Bugl werten. Der TSV wird Fan-Busse organisieren und Hauser betonte, "dass wir diese Halle voll kriegen wollen". Obwohl die Spieler die Halle von Champions-League-Teilnehmer Hypo Tirol aus drei Jahren gemeinsamer Saisonvorbereitung bestens kennen, werden sie wohl noch ein Testspiel absolvieren. Am 22. März bestreitet Tirol sein drittes Halbfinalspiel um die österreichische Meisterschaft quasi als Vorprogramm für den TSV, und Hauser versprach schon mal ein gelungenes Hauptprogramm: "Wir sind genau die Richtigen, um da eine Sensation zu schaffen."

© SZ vom 07.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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