Volleyball:Häuptling mit Kaltkompresse

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Libero Sebastian Prüsener ist nach einem Zusammenprall angeknockt - und fehlt Herrsching bei der 0:3-Niederlage in Düren in der Annahme

Von Sebastian Winter, Herrsching

Sebastian Prüsener sitzt bei Auswärtsfahrten immer ganz hinten im Bus, dort also, wo es die meiste Beinfreiheit gibt, wo man sich während der nächtlichen Rückfahrt auch mal bequem quer über die ganze Reihe ausbreiten kann. "Prüsi ist ja schon ein alter Mann", sagt Benedikt Doranth, der Kapitän von Herrschings Volleyballern zwar leicht biestig über den 32-jährigen TSV-Libero. Aber mal ehrlich: Wer den Platz ganz hinten hat, der darf schon was auf sich halten. Fast immer thronen dort die Häuptlinge, ob sie nun einer Sportmannschaft angehören oder einer Schulgruppe auf Klassenfahrt.

Am Samstag allerdings, während der Heimreise von Düren an den Ammersee, hätte Prüsener liebend gerne seinen Platz getauscht, wenn es möglich gewesen wäre. Doch es ging nicht. Der ehemalige Nationalspieler hatte mächtige Kopfschmerzen, die er stundenlang liegend mit einer Kaltkompresse bekämpfte. Verdacht auf leichte Gehirnerschütterung. Als der Bus am Sonntagmorgen um sechs Uhr endlich in Herrsching ankam, ging es ihm etwas besser. Das Schädelbrummen kam von einer Situation im ersten Satz, als Herrsching 11:10 führte und Prüsener bei einer Abwehraktion mit dem Kopf ans Schienbein von TSV-Diagonalspieler Daniel Malescha prallte. Er musste vom Feld, das Herrschinger Spiel kippte, "alle waren ein bisschen unkonzentriert und verunsichert", sagte Doranth. Und die Folgen strahlten hinaus bis ans Ende der Partie. Der erste Satz ging 16:25 verloren, das Duell gegen Düren vor 1200 Zuschauern letztlich klar mit 0:3 Sätzen (16:25, 22:25, 19:25). Es half auch nichts, dass Prüsener nach wenigen Minuten Behandlungspause wieder spielte - trotz aufkommender leichter Übelkeit.

Von einer einkalkulierten Niederlage gegen den Tabellendritten kann man nun einerseits sprechen, zumal Herrsching nicht nur Prüseners kurzzeitiger Ausfall geschockt hatte. Diagonalmann Malescha ging erkältet in die Partie, er hatte die ganze Woche über kaum trainieren können - und wurde noch im ersten Satz von Außenangreifer Julius Höfer ersetzt. Daraufhin rotierte Luke Smith ins Team, doch der Australier zeigte wegen seiner anhaltenden Sprunggelenksprobleme wie Malescha eine sehr zurückhaltende Leistung. Kapitän Doranth hatte sich schon beim Aufwärmen den Rücken gezerrt.

Andererseits kämpfte sich Herrsching, je länger die Begegnung dauerte, immer besser ins Spiel hinein. Höfer, der später zum wertvollsten Akteur seiner Mannschaft gewählt wurde, war von Dürens Block kaum zu stoppen. Er machte insgesamt 19 Punkte, nur drei weniger als Dürens bester Mann Sebastian Gevert, der Kapitän der chilenischen Nationalmannschaft. Und auch Florian Malescha zeigte eine gute Leistung. "Beide haben auch im Training in letzter Zeit einen guten Eindruck hinterlassen", sagte Herrschings Trainer Max Hauser, der zugleich bemängelte, "dass wir immer wieder Asse kassiert haben".

Durch die eher schwache Annahme hatte Zuspieler Tobias Neumann kaum Möglichkeiten, schnelle Bälle über die Mitte zu spielen - Herrsching war also in vielen Situationen ziemlich gut auszurechnen für die Dürener, die allerdings auch nicht wirklich konstant spielten. So wurde es ein "zerfahrenes Spiel", wie Doranth fand, in dem sich letztlich die stärkere Qualität Dürens durchsetzte. "Aber es war für uns auch ein deutlicher Fortschritt zum Lüneburg-Spiel", sagte Doranth rückblickend auf den verkorksten Rückrunden-Auftakt.

Zwei wichtige Wochen stehen nun für Herrsching an, das als Achter zurzeit noch eine gute Ausgangsposition für die Pre-Playoffs hat. Dem Heimspiel gegen Meister Berlin am Samstag, das Hauser als "Trainingsspiel" ansieht, folgt ein Doppelheimspieltag gegen Bühl und den unmittelbaren Konkurrenten Coburg/Grub. "Da wollen wir wieder zu unserer Dezemberform finden und eine Party feiern", sagt Doranth. Mit Prüsener, und ganz ohne Kopfschmerzen.

© SZ vom 19.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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