Volleyball:Endstation Sehnsucht

Lesezeit: 3 min

Im Ligaspiel in der Hauptstadt agierte Herrsching (hinten) Mitte Oktober lange Zeit auf Augenhöhe, bevor die Partie dann doch mit einem Sieg Berlins endete. (Foto: imago/Nordphoto)

Herrsching reist zum Pokal-Viertelfinale mal wieder nach Berlin. Dorthin, wo der TSV bislang immer scheiterte. Diesmal aber steht der portugiesische Zugang José Gomes bereit.

Von Sebastian Winter

Die Geschichte von Herrschings Volleyballern im DVV-Pokal ist die eines rasanten Aufstiegs - der in den vergangenen drei Jahren immer das gleiche desillusionierende Ende gegen immer denselben Gegner fand. Im November 2014 spielten sie zu Hause im Achtelfinale gegen die Berlin Recycling Volleys - und verloren 0:3. Im November 2015 kam es im Viertelfinale zum Duell in Berlin - Herrsching verlor 0:3. Im November 2016 qualifizierte sich die Mannschaft von Max Hauser dann erstmals für das Halbfinale - das Ergebnis war das alte, 0:3, nachdem Herrsching wegen seiner nicht regelkonformen Halle das Heimrecht mit Berlin hatte tauschen mussten. Nur bei der Pokalpremiere im November 2013 - damals noch als Zweitligist - spielten die Herrschinger nicht gegen Berlin. Sie waren schon im Achtelfinale 2:3 gegen Coburg unterlegen.

"Wir kochen unsere Suppe, und die schmeckt bisher ganz gut. Wir wollen versuchen, da als Sieger wegzugehen. Im Pokal hat man alle Chancen." TSV-Trainer Max Hauser

Dieser Hintergrund ist nicht ganz unwichtig vor dem Pokal-Viertelfinale an diesem Samstag in: Berlin. Nach der ziemlich ernüchternden Statistik zu urteilen, könnte Herrsching das neuerliche Aufeinandertreffen auch als Testspiel für die Liga nutzen, in einer Woche erwarten sie ja immerhin den VfB Friedrichshafen. Trainer Hauser aber sagt vor dem Duell mit Berlin: "Wir kochen unsere Suppe, und die schmeckt bisher ganz gut. Wir wollen versuchen, da als Sieger wegzugehen. Im Pokal hat man alle Chancen." Das ist eine zumindest mutige Aussage, wenn man bedenkt, dass die Herrschinger seit ihrem Aufstieg 2014 noch nie den Tiebreak erreicht geschweige denn in Berlin gewonnen hätten, weder im Pokal noch in der Liga. Hausers kecker Vorstoß hat aber ein durchaus stabiles Fundament. Seitdem Berlin vor einem halben Jahr zum fünften Mal in den jüngsten sechs Spielzeiten Meister geworden ist, haben sich die Rahmenbedingungen, unter denen sich die beiden ungleichen Rivalen am Samstag begegnen, gewaltig geändert. Berlin holpert bislang eher durch die Liga, der Serienmeister hat nur drei von fünf Spielen gewonnen und rangiert als Tabellendritter nur einen Punkt vor den Oberbayern. Empfindliche Niederlagen gleich zum Saisonstart in Düren (0:3) und, gerade erst am Mittwoch, ausgerechnet bei der Free-TV-Premiere auf Sport 1, gegen die United Volleys Rhein-Main (2:3) inbegriffen. Schlüsselfiguren wie Zuspieler Tsimafei Zhukouski, der ehemalige Hachinger, haben den Hauptstadt-Klub verlassen. Genau auf seiner so wichtigen Position des Zuspielers schwächelte Berlin aber zuletzt - neben der Annahme. Ein Grund, warum der Klub nachjustierte und den erfahrenen Franzosen Pierre Pujol verpflichtete, trotz einer Rückenverletzung, die ihm zu schaffen macht. Pujol ist, wenn sein Rücken hält, nun neben dem nicht immer sicheren Sebastian Kühner gesetzt. Der dritte Steller Daan van Haarlem hat sich wegen Perspektivlosigkeit vor knapp zwei Wochen aus Berlin verabschiedet. Viel Unruhe ist das beim Volleyballgiganten aus der Hauptstadt, die die Herrschinger nutzen wollen, vor allem mit ihrer bisher schärfsten Waffe, den Aufschlägen.

Sie können im Vergleich zur Vorsaison auf zehn Vollprofis setzen, Einkäufe wie Zuspieler Michal Sladecek, die Blocker Andre Brown und Wilhelm Nilsson, aber auch Diagonalmann Christoph Marks und Tim Peter überzeugten bislang. Vor allem Peter loben die Herrschinger über alles. Der erst 20-Jährige füllt die Lücke, die durch den Kreuzbandriss des Polen Slawomir Zemlik im Außenangriff und in der Annahme entstanden ist, seit Wochen hervorragend. Dennoch bekommt er nun Konkurrenz, nach drei Wochen intensiver Spielersuche: Der diese Woche verpflichtete Portugiese José Pedro Maia Gomes hat den Medizincheck bestanden und soll in Berlin Herrschings Kader angehören. "Ein guter Fang, er springt echt hoch und wird uns viel Freude machen", sagt Teammanager Fritz Frömming.

Und wenn sie tatsächlich gewinnen in Berlin? Das Problem der Herrschinger bleibt ja, dass sie in den Playoffs und im Falle eines Heimspiels im Pokal-Halbfinale in eine andere Halle ausweichen müssten. Das Heimrecht wollen sie jedenfalls nicht noch einmal herschenken wie im Vorjahr. "Wir haben eine Ausweichstätte in Bayern gefunden", sagt nun Marketingmanager André Bugl, mehr möchte er noch nicht verraten. Dazu müsste der TSV ohnehin erst einmal Berlin schlagen und auch noch Losglück haben - eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit.

© SZ vom 25.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: